SWR3 Gedanken

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„Ein paar hinter die Löffel, haben noch keinem geschadet." Doch! Und wenn es nur der ganz banale körperliche Schmerz ist, den ein Kind erfährt, wenn es geschlagen wird. Oder die Erniedrigung, körperlich gezüchtigt zu werden. Die Zeiten, in denen Schläge bei der Erziehung selbstverständlich waren, sind Gott sei Dank vorbei. Ich habe als Kind auch noch Schläge erlebt. Im Internat, in dem ich ab meinem zehnten Lebensjahr war, hat der Direktor ziemlich zugeschlagen. Mich hat es nur einmal getroffen, was mich ihm gegenüber eher noch gestärkt hat. Weil ich ihm gesagt habe, dass ich sofort das Internat verlasse wenn er mich noch einmal anlangt. Daraufhin hat er sich bei mir entschuldigt und mich tatsächlich nie mehr geschlagen. Eine Erfahrung, die mich mein Leben lang geprägt hat. Ich ducke mich vor niemandem weg. Hat der blöde Spruch, dass einem „ein paar hinter die Löffel nicht schaden würden" also doch recht? Nein, denn nicht jedes Kind hat das Glück von zu Hause genügend Stehvermögen mitzubekommen. Und auch nicht jedes Kind hat das Glück, ein gutes Urvertrauen zu haben.

Eine aktuelle Studie besagt, dass jedes vierte Kind in Deutschland geschlagen wird. Bei sozial benachteiligten Familien sogar jedes dritte. Aber jeder Schlag ist ein Schlag zuviel. Weil jeder Schlag eine Wunde in die Seelen der Kinder schlägt. Und das ist doppelt schlimm. Zum einen: regelmäßige Erfahrungen von Gewalt werden geradezu eingraviert in das Gehirn von Kindern. Mit schlimmen psychischen Folgen für ihr ganzes späteres Leben. Zum anderen: Schlagen ist ein Lernmodell für Kinder, das sie später einmal bei ihren Kindern auch wieder anwenden. Und so pflanzt sich Gewalt in der Erziehung von Generation zu Generation fort. Wenn sie nicht unterbrochen wird. Durch den Vater oder die Mutter, die ihre aus Wut schon erhobene Hand wieder senken. Zum Wohle ihrer Kinder und deren Kinder.

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