SWR3 Gedanken

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In den nächsten Wochen werde ich genüsslich ein paar vermeintliche Todsünden begehen. Ich werde nämlich faul mit einem Glas Wein auf der Terrasse sitzen, einfach nichts tun und mich auch noch gut dabei fühlen. Trägheit und Müßiggang. In der christlichen Tradition gilt das als eine der sieben Todsünden und angeblich ja auch als aller Laster Anfang. Irgendwie scheint das ziemlich tief in uns drin zu stecken: Wer scheinbar faul da sitzt, steht schnell im Verdacht, ein Schmarotzer und Leistungsverweigerer zu sein. Ein Dorn im Auge der Leistungsgesellschaft. Nichts zu tun zu haben geht einfach nicht. Wenn doch, dann muss ich es mir vorher auf jeden Fall so hart wie möglich verdient haben. Besonders schlimm ist das für all jene, die zum Nichtstun verdammt sind. Weil sie keine Arbeit haben, keine Aufgabe, keine Perspektive.
Ich merke ja selber, wie oft ich insgeheim eine Rechtfertigung dafür suche, dass ich gerade nichts tue. Selbst im Urlaub brauche ich manchmal erst einige Tage, bis ich es wirklich genießen kann. Bis ich morgens einfach nicht daran denke, was alles noch unerledigt geblieben ist. Dabei muss freie, unverplante Lebenszeit gar nicht verdient werden. Ich kann sie ja auch als ein Gottesgeschenk sehen, über das ich verfügen darf und dass ich hoffentlich genießen kann: Einfach nichts tun zu müssen. Geschenkte Zeit zu haben, für mich, für ein Buch, ein Gespräch, ein Glas Wein. Kurz: Zeit zum Leben. Manchmal muss man das erst mal wieder lernen und eine Todsünde ist es ganz sicher nicht

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