SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Kritik tut weh. Zu hören: „Das ist Mist, was du da gemacht hast", kann schon ziemlich am Selbstbewußtsein kratzen. Kein Wunder also, wenn so viele Menschen bei Kritik empfindlich und dünnhäutig reagieren. Manchmal sogar aggressiv. Kritik versetzt mir auch jedes Mal einen kleinen Stich mitten in die Seele. Sie stellt mich in Frage. Zwingt mich, nochmal genauer hinzuschauen, besser nachzudenken. Schön ist das nicht.
Ich höre nämlich auch viel lieber Lob und Streicheleinheiten. Die gehen schließlich runter wie Honig und massieren das Ego. Doch wenn ich eines Tages nur noch hören sollte, was für ein toller Hecht ich bin, werde ich hoffentlich misstrauisch. Sonst glaube ich das irgendwann nämlich selber und wäre damit ziemlich arm dran. Denn wer nur noch gebauchpinselt wird, wird irgendwann immun gegen jede Kritik. Eine Gefahr, in der all die superwichtigen VIPs stehen. Menschlich ist sowas ein Desaster. Ohne den Spiegel, den mir die Anderen immer wieder mal vorhalten geht's einfach nicht. Auch wenn´s nicht schön ist und manchmal weh tut. Nicht umsonst soll im antiken Rom der siegreiche Feldherr immer einen Sklaven bei sich gehabt haben. Der musste ihm im größten Triumph ins Ohr flüstern: Denk dran, dass du auch nur sterblich ist. Du bist nicht anders als alle hier.
Eines allerdings habe ich mir zu Eigen gemacht, wenn ich andere kritisiere: Kritik hilft eben nur, wenn sie nicht verletzend, herabwürdigend oder beleidigend daher kommt. Wenn sie den Anderen wertschätzt und noch Platz für Entwicklungen lässt. Und genau das wünsche ich mir ja schließlich von dem, den ich kritisiere.

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