SWR2 Wort zum Tag

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Peter und Paul erinnert an die Möglichkeit, Widersprüche zwischen Konfessionen stehen zu lassen und daraus Gewinn zu ziehen.
Heute ist Peter und Paul. Ein wichtiger Gedenktag für die getrennten Kirchen. Richtig begangen, könnten die Kirchen aus diesem Gedenktag gemeinsam Gewinn ziehen. Die Namen Peter und Paul erinnern an zwei große Antipoden der Kirche. Beide sind gewissermaßen Symbolgestalten der Kirchentrennung.
Der römisch-katholischen Kirche ist bis heute das Petrus-Amt wichtig. Die Reformatoren haben ihre theologischen Neuentdeckungen vor allem in den Briefen des Paulus gefunden. Ich finde, Peter und Paul ist eine gute Gelegenheit, die beide zu Kronzeugen der Kircheneinheit, der Ökumene, machen.
Der eine - Petrus -  ist die zentrale Figur im Kreis der Jünger Jesu. Keiner, der erst lange nachdenkt. Eher einer, der immer agiert. Der Jesus sogar mit der Waffe verteidigt. Der Fels, wie Jesus ihn dann nennt.
Der andere - Paulus - ist der große Theologe der Anfangsphase der Kirche. Eigentlich ein Überläufer. Einer, der die neue Bewegung der Christen erst heftig bekämpft. Und der ihr dann den Weg ins römische Reich öffnet. Ohne Paulus gäbe es die Kirche nicht. Zumindest nicht so, wie sie sich durch die Jahrhunderte entwickelt hat.
Petrus und Paulus haben heftig miteinander gestritten. Der eine eher konservativ. Der andere voll neuer Ideen. Gemeinsam ist ihnen die unbändige Energie, die sie in die Ausbreitung des Glaubens an diesen Jesus investiert haben. Gemeinsam ist ihnen auch, dass sich ihre Lebenspur in Rom verliert.
Das große Altarbild von Hans Baldung Grien im Freiburger Münster bindet beide Theologen in einer Darstellung der Dreieinigkeit Gottes höchst interessant zusammen. Petrus und Paulus stehen einander gegenüber. Das Gesicht des Petrus ist dem von Gott-Vater nachgebildet. Das von Paulus gleicht dem des Sohnes. Der Künstler sagt damit: Wie Vater und Sohn in der Trinität verbunden sind, so sind es Petrus und Paulus in der Kirche.
Ich finde, wir brauchen beide. Gerade in ihrer Unterschiedlichkeit. Petrus als Hüter der Tradition. Paulus als Wegbereiter einer neuen Weise, von Gott zu reden. Also Peter und Paul. Statt Peter oder Paul. Petrus und Paulus haben ihren Widerspruch ausgehalten. Und die Kirche ist daran nicht zugrunde gegangen. Und" statt „oder" - das könnte ein Modell sein, Unterschiede auszuhalten. Und daraus Gewinn zu ziehen. Nicht nur in der Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15561
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