Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Was wollen Sie lieber sein? Jedermanns Liebling oder Außenseiter? Was für eine Frage! Außenseiter natürlich!
So hätte jedenfalls Johannes geantwortet, ein wild aussehender junger Mann, der vor 2000 Jahren Geschichte geschrieben hat.
Da hat er ja gut reden, sagen Sie jetzt vielleicht. Der weiß ja gar nicht, wie wichtig es heute ist, beliebt zu sein. Beliebt und vernetzt. Man hat Freunde, die einem helfen, wenn man Hilfe braucht und muss sich nicht immer herumärgern mit den vielen, die gegen einen sind. Oder die einen sogar mobben, als Außenseiter.
Johannes aber wollte Außenseiter sein. Ein bisschen war er das wohl von Anfang an, weil er ziemlich fromm war. Auch für damalige Verhältnisse.
Aber irgendwann hatte er die Nase richtig voll. Von seinen Zeitgenossen und davon, wie die miteinander umgegangen sind. Bei denen ging es ja nur noch darum, möglichst die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Ganz egal, was drum herum los ist. Für Johannes war jedenfalls klar: Gott hat sich das mal ganz anders vorgestellt.
Und deshalb wollte er erst mal Abstand zu allem.
Also hat er sich selbst ausgegrenzt, in der Wüste gelebt und ziemlich merkwürdig ausgesehen. Mit genug Abstand zu seinen Leuten kam allerdings auch der Mut, sich noch unbeliebter zu machen. Und zwar, indem er seinen Leuten tüchtig die Meinung gesagt hat. Richtige Strafpredigten hat er gehalten: „So geht das nicht weiter. Hört auf, nur an euch zu denken. Gebt ab, von eurem Reichtum. Macht Schluss mit Krieg und Gewalt!"
Erstaunlicherweise hatte Johannes damit Erfolg. Die Bibel erzählt davon. Viele haben seine Gedanken zum Anlass genommen, noch einmal nachzudenken. Was ist wirklich wichtig? Und dabei ist aufgefallen: Es gibt Wichtigeres als beliebt bei allen zu sein! Zum Beispiel: dass ich mich einsetze. Für meine Freunde, klar, aber manchmal vielleicht auch gegen die - für andere. Auch wenn das nicht unbedingt dem Zeitgeist entspricht.
Man muss nicht Jedermanns Liebling sein. Um ein gutes Leben zu haben.
Und es lohnt sich, auch und gerade die Außenseiter ernst zu nehmen und hinzuhören, was sie zu sagen haben.
Das macht auch Mut, ab und zu selbst unangepasst zu sein. Denn genau das verändert manchmal die Welt.

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