SWR2 Wort zum Tag

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Seit kurzem steht im Garten ein Trampolin. Ein großes, rundes, wie es in vielen Gärten mittlerweile zu sehen ist.

Eigentlich sind meine Frau und ich bei uns zu Hause für die handwerklichen Dinge zuständig. Aber als das große Paket mit dem Trampolin geliefert wurde, da wollten die Kinder es unbedingt selbst aufbauen. Und so konnte ich verfolgen, wie aus lauter Einzelteilen langsam das Trampolin entstand. Zuerst haben sie den Rahmen zusammengesteckt. Das war gar nicht so einfach. Für jedes Teil gab es nur einen richtigen Platz, sonst passte das Gerüst hinten und vorne nicht. Unsere Kinder kamen ganz schön ins Schwitzen - und manchmal auch ins Fluchen. Aber sie haben es geschafft. Sie steckten die Stangen für das Netz ein, Schaumstoffhülsen mussten sie anbringen, dass man sich nicht verletzten kann. Und dann haben sie den Trampolinstoff eingespannt. Reihum, Öse für Öse verbanden unsere Kinder das Trampolin mit dem aufgebauten Gerüst. Dann brachten sie noch das Netz ringsherum an. Es soll verhindern, dass man herunterfällt. Und endlich war es fertig. Hat ganz schön lange gedauert. Aber jetzt steht es.

Beinahe ehrfürchtig klettern unsere Kinder dann nach und nach auf das Trampolin. Wagen vorsichtig ein paar Hüpfer - und sind dann nicht zu halten. Fliegen, kugeln, springen, hüpfen, wälzen, titschen. Stundenlang. Heben immer wieder ab. Immer wieder zu kurzen Augenblicken des Fliegens. Losgelöst.

Mich hat das fasziniert. Aus einem großen Karton wächst nach und nach ein Spielgerät. Die Kinder stecken viel Arbeit rein. Und alles für ein paar Augenblicke der Freiheit. Aber es sind Augenblicke, die sich lohnen. Die Augen leuchten, die Backen sind rot, das Lachen ist weit zu hören.

Für mich ist das ein Bild für das Leben. Leben ist selten nur himmlisch. Oft genug Alltag und harte Arbeit, manchmal Enttäuschung. Dinge, Menschen, Träume und Wünsche passen nicht zusammen. Ich muss arbeiten, damit sich ein Teil zum anderen fügt. Ich muss Netze aufspannen. Nicht jedes Risiko kann ich auf mich nehmen.

Aber dann gibt es Augenblicke, in denen ich fliege, schwebe, einfach nur bin. In denen ich sein kann. Und von solchen Augenblicken lebe ich dann. Kann den normalen Tag, den Alltag bestehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15511
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