SWR4 Abendgedanken

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„Ich bin ihm offen entgegengetreten!" (Galater 2,11) - Wer hat da wem contra gegeben? Das war der Apostel Paulus gegen seinen Kollegen Petrus. Morgen ist „Peter und Paul". Müsste es nicht eher heißen: „Paulus contra Petrus"? „Ich bin ihm offen entgegengetreten" - Hintergrund ist ein schwerwiegender innerkirchlicher Konflikt gewesen. 

Petrus kommt aus dem Lager der so genannten „Judenchristen". Die hielten sich streng an das jüdische Gesetz z. B. Essensvorschriften, Reinigungsriten, vor allem die Beschneidung bei Jungs. Und sie verlangten das von allen, die als Heiden, sprich Nichtjuden Christ werden wollten. Für viele ein fast unüberwindbare Hürde. 

Paulus vertritt einen Glauben, der ohne Vorbedingungen Juden und Griechen, Römer und andere Völker umfassen sollte. Die hat man als „Heidenchristen" bezeichnet. Was Paulus dem Petrus vorwirft ist, dass dieser sich unaufrichtig verhält und sich um eine Lösung des Konflikts herummogelt, um bei allen gut dazustehen. 

Es ging darum, ob die junge christliche Kirche auf Israel begrenzt bleibt oder sich öffnet, ob aus einer jüdisch-christlichen Sekte eine Weltkirche werden konnte. Daher hatte Paulus verlangt, dass Heiden in die  christliche Gemeinde aufgenommen werden, ohne sich erst beschneiden lassen und andere jüdische Gesetze übernehmen zu müssen. Dieser schwierige Reifungsprozess ist schließlich im Sinne des Apostel Paulus entschieden worden.

Es ist anzunehmen, dass im Verhältnis der beiden Apostel, Petrus und Paulus, tiefe Wunden zurückgeblieben sind. Aus seinen Briefen ist jedenfalls zu schließen, dass Paulus unter diesem Konflikt unglaublich gelitten hat. Aber was er einmal als richtig erkannt hatte, das hat er auch konsequent vertreten. 

Hätte sich Paulus damals nicht durchgesetzt, wäre das Christentum vielleicht nur eine Fußnote in den Geschichtsbüchern geblieben. 

Die beiden Apostel Petrus und Paulus machen deutlich: Die Geschichte der frühen Kirche ist nicht ohne Konflikte und Spannungen gewesen. Konflikte in der Kirche sind auch heute etwas normales. Schlimm ist es nur, wenn man einander den rechten Glauben abspricht, unlautere Absichten unterstellt und einander mit Vorurteilen begegnet. 

Aufeinander hören und miteinander sprechen, einen angemessenen Ton im Umgang miteinander finden und versuchen, Spannungen auszuhalten - das tut auch heute nicht nur dem Glauben gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15509
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