SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Ein Mann ging in der Abenddämmerung am Meeresstrand spazieren. Er fand ein Säckchen, gefüllt mit Steinen. Diese Steine warf er den Seevögeln nach und freute sich, wenn sie aufflatterten. Den letzten Stein nahm er mit nach Hause und betrachtete ihn beim Schein der Lampe. Es war ein Edelstein! Schnell rannte er zum Strand zurück, um die weggeworfenen Steine zu suchen. Vergebens! Die Brandung hatte sie weggeschwemmt oder mit Sand zugedeckt." ( Nach: Jannez S. Grzybek ) 

Ein persisches Märchen. Dieses Säckchen voller Steine steht für die Jahre, Monate, Tage meines Lebens. Ist jeder Tag ein unbezahlbarer Edelstein? - Vielleicht. 

Steine. Das Bild ist beinahe unerschöpflich. Zur Ehre Gottes wurden seit jeher Altäre, Tempel und Kirchen aus Stein gebaut. Sehr bescheiden wäre unsere Kenntnis alter Kulturen, wären sie uns nicht als zu Stein gewordene Geschichte überliefert. Ich denke an die Grabes- Pyramiden der ägyptischen Pharaonen und an die Götter-Pyramiden in Mexiko. Oder an jene geheimnisumwitterten, Jahrtausende alten Steine: Stonehenge in Südengland und die riesigen Steinstatuen auf der Osterinsel im Stillen Ozean. 

Steine sind stumm, sagt man. Unsere Sprache lässt sie aber auch sprechen: Auch wenn Sie und ich nicht gerade den„Stein des Weisen" entdeckt haben und uns auch kein „Denkmal aus Stein" errichtet wird, so können wir durchaus bei jemandem einen „Stein im Brett" haben. - Ich belaste Beziehungen, wenn ich für andere zum „Stein des Anstoßes" werde; obwohl auch das manchmal sein muss. - Dann mache ich jemandem das Leben schwer und lege ihm „Steine in den Weg", anstatt ihm zu helfen, „Steine aus dem Weg" zu räumen. - Und wem fiele nicht ein „Stein vom Herzen", wenn der andere ihm die Hand zur Versöhnung reicht? 

Steine. Vielfältiges Symbol für gute und schlimme Erfahrungen, für schöne und bedrohliche Begegnungen. Steine. Ausdruck für Lebensäußerungen, zeichenhaft aber auch für Leblosigkeit und Tod. Steinern ist mein Herz, gehe ich ohne Gefühl an Menschen in Not vorbei. Der Härte des Steins entspricht offenbar die „Härte des Herzens" - so steht es in der Bibel. Das Böse kommt aus unserem Inneren, aus unserem Herzen. Und das kann kalt und hart werden wie Stein - heißt es da. (Matthäus15, 18-19) 

Und dann denke ich an diese wunderbare göttliche Zusage: „Ich schenke ihnen ein anderes Herz ... Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch". (Ezechiel 36, 26) Wenn Gott ein hartes und kaltes Herz umfasst, nimmt es Wärme an und wird weich.

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