Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Unser täglich Brot gib uns heute! Heißt es im Vater Unser. In diesen Tagen wissen viele Leute im Osten von Deutschland wieder, dass das gar nicht selbstverständlich ist. Das täglich Brot. Und dass man sein Auskommen hat jeden Tag. Sich keine Sorgen machen muss. Das täglich Brot- es kann einem von einem Tag auf den anderen schicksalhaft genommen werden. Dass man es hat, hängt nicht nur von der eigenen Leistung ab. Es ist auch ein Gottesgeschenk.
Und es ist gut, sich daran immer wieder zu erinnern. Unsere Vorfahren haben sich dazu was Tolles einfallen lassen. Die Brezel. Ja, dieses runde Laugending mit den gekreuzten Teigärmchen. Bei uns in Mainz ist die Brezel Kult, an jeder Ecke kann man sie kaufen und sogar ein Mainzer Stadtteil hat eine Brezel im Ortswappen.
Die Brezel ist ursprünglich ein so genanntes Gebildbrot. Es soll also symbolisch einen Mann oder eine Frau im Gebet darstellen. Arme vor der Brust gekreuzt, Hände auf der Höhe des Herzens. Brezel kommt ja vom lateinischen Bracellus- heißt so viel wie „Ärmchen".
Die Brezel war ursprünglich eine Fastenspeise und wurde bis ins 18. Jahrhundert nur während der österlichen Fastenzeit gebacken. Jeder Biss in eine Brezel sollte dran erinnern, dass es gut ist, Gott ums täglich Brot zu bitten. Weil es ein Gottesgeschenk ist, wenn man Brot hat und sein Auskommen und Freunde und gute Nachbarschaft. Das alles meint „Brot".
Unser täglich Brot gib uns heute. Die Brezel erinnert daran. Der hat man früher als „heiliges Gebäck" besondere Segens- und Heilkräfte zugeschrieben. Naja, wirklich heilsam ist Laugenteig nicht, ernährungstechnisch gesehen. Aber sie ist lecker. Ein kleiner Energiespender zwischendurch. Der mit seinen gekreuzten Ärmchen ans Beten erinnern soll. Und daran, dass wir zwar Leistungsträger sind. Dass aber Gott jenseits all unserer Bemühungen auch Hilfe schickt. Manchmal in Gestalt von Freunden, guter Nachbarschaft oder sogar wildfremden Leuten, die mit anpacken oder Geld spenden. Wiederaufbau 3.0. Mit Gottvertrauen und Solidarität geht der manchmal wies Brezelbacken.

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