SWR2 Wort zum Tag

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Merkwürdig still ist es geworden um Teilhard de Chardin, den  christlichen Visionär. Wie wenige sonst hat dieser Naturwissenschaftler und Priester  an der Grenze zwischen Vernunft und Glaube gewohnt, an der Grenze auch zwischen Experiment und Vision. Von ihm besonders lässt sich lernen, was Christen mit dem Heiligen Geist meinen, jener Gottesenergie, die von Jesus ausstrahlt wie von keinem. Teilhard spricht vom göttlichen Milieu, das alles durchwirkt und jetzt mich diese Sätze sagen lässt. "In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir", heißt  es in der Bibel (Apg 17,28). Milieu ist eine zugleich private und öffentliche Kategorie,  eine mystische und soziale Dimension. Nicht zufällig ist heute viel von Milieu-Forschung die Rede.  Teilhard de Chardin spricht ausdrücklich vom göttlichen Milieu - nicht im Gegensatz zum menschlichen, aber in besonderer Akzentuierung desselben.Christlich glauben verdankt sich  diesem Milieu schon, das es bezeugt. „Komm, Heiliger Geist" - diese Bitte atmet schon den Geist, den sie herbeiruft.

Teilhard wählt  das Bild von den beiden Händen Gottes, mit denen er die Welt umarmt und alles, was ist.  „Ich drück dich", sagen wir gern und tun es noch lieber .Schon dieses erotische Bild spricht Bände: Da ist offensichtlich von Lebens- und Liebeslust die Rede, da ist vom ersten Augenblick an das Wort „Gott" positiv besetzt, mit offensiver Zuwendung und lebenskräftiger Bejahung. Gott und Welt sind da kein Gegensatz, sie werden zusammengeschaut. Die Welt wird zum Klangkörper Gottes, und Gott ist darin der Schöpfer und Erhalter all dessen, was ist.  Mit seinen beiden Händen umarmt der lebendige Gott das Dasein, und so wirkt der Geist, der das Angesichts der Erde erneuert: Mit dem einen Arm bekommen wir die Gegenwart Gottes zu spüren, indem er uns aktiv macht und kreativ. Da bekommen wir seine Schöpfermacht zu spüren, indem wir selbst schöpferisch werden und das Wagnis eingehen, uns zu verschwenden in Liebe und Arbeit. Teilhard spricht von der heiligen Kommunion in der Lebenssteigerung, in der Lust schöpferisch und lebendig da zu sein und mitzuwirken. Diesem einen Arm korrespondiert der andere: Da ist es derselbe Gott, der uns begegnet in den Erfahrungen der Niederlage, des Älterwerdens, des Abnehmens der Kräfte. Ja auch Krankheit, Sterben und Tod sind in dieser österlichen Sicht Dimensionen, in denen der Gott des Lebens den Menschen berührt und alles umfängt. Weiß Gott, „ich drück dich"..

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