SWR2 Wort zum Tag

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Es scheint ein ehernes Gesetz zu sein, dass man es nur mit Geld und Besitz zu etwas bringt. Besonders meinen Landsleuten, den Schwaben, sagt man ja nach, sie seien Hamsternaturen. Darüber lässt sich trefflich Witze machen... doch, Spaß beiseite: Es gibt gute Gründe, bei Zeiten etwas zur Seite zu legen: die Angst vor der Zukunft beispielsweise. Wer kann in der gegenwärtig rasanten wirtschaftlichen Entwicklung schon sagen, was Bestand hat? Bleibt mein Arbeitsplatz erhalten? Wird meine Rente sicher sein? Habe ich genügend Rücklagen für den Ernstfall Krankheit oder Pflege?
Dagegen ist nichts einzuwenden. Auf Sicherheit kommt es an. Dennoch meint ein biblisches Sprichwort: „Der Freigebige wird immer reicher, der Geizhals spart sich arm." (Sprüche 11,24)
Das klingt drastisch, verweist in seiner Wortwahl jedoch auf eine merkwürdige Dialektik von reich und arm, denn arm kann man demnach auch als Besitzender sein, reich hingegen als jemand, der spendierfreudig austeilt.
Vielleicht ist der Geiz gegenwärtig weniger das Problem unserer Zeit und die Krankheit, die heute so unaufhaltsam um sich greift, ist die Gier. Wie auch immer, es stimmt etwas nicht mit dem Verhältnis zum Geld. Darauf spricht mich das biblische Sprichwort an.
Geld ist ein Mittel, ein Medium, ein Instrument. Entscheidend ist, was man damit anfängt, und in der Perspektive der biblischen Weisheit gewinnt derjenige sehr viel, der beim Einsatz von Geld nicht nach dem Gegenwert fragt, also nach dem, was zurückfließt, nach der Rendite.
Im Horizont des biblischen Sprichworts dürfte wohl vor allem die Erfahrung großzügiger Gastfreundschaft gelegen haben. Hier konnte sich Freigebigkeit zeigen und bewähren - und zwar herzlich und frei, aus Freude am Schenken, ohne schon nach einer Gegenleistung zu schielen.
Heute gewinnt Geld seinen reich machenden freigebigen Zweck im Sinne des biblischen Sprichworts vor allem beim Spenden, also dort, wo es frei und ohne Renditeerwartungen eingesetzt wird, um soziale Nöte zu lindern, um benachteiligten Kindern Ausbildungschancen zu eröffnen oder auch um Kunst und Kultur zu fördern.
Deshalb darf man das biblische Sprichwort wohl auch ruhig verallgemeinern: „Eine Gesellschaft, in der die Gier unbegrenzter Bedürfnisbefriedigung regiert, verarmt. Wo hingegen Freigebigkeit herrscht, wird das soziale und kulturelle Miteinander immer reicher."

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