SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Adam, wo bist du? In der alten Geschichte von der Erschaffung der Welt und des Menschen wandelt Gott in der Abendkühle im Paradiesesgarten. So nahe ist Gott dem Menschen. Aber der Mensch versteckt sich – aus Furcht und aus Scham. Er hat sich ja aus dem Vertrauensverhältnis zu Gott gelöst und sich von ihm entfernt. Jetzt erträgt er diese Nähe nicht mehr. Furcht und Scham beherrschen ihn. Und nun ruft ihn Gott und fragt: Wo bist du, Mensch? Und als der seine Furcht und Scham gesteht, fragt er ihn: Was hast du getan? Im folgenden Gespräch werden die Folgen des Vertrauensbruchs genannt, und es wird erkennbar, dass die Entfernung von Gott auch einen Keil zwischen die Menschen treibt: Auf schäbige Weise schieben sie die Verantwortung für das Geschehene auf einander oder auf die Umstände ab.
Die Bilder der alten Geschichten machen auf wunderbare Weise anschaulich, dass der Mensch, der so viele Fragen hat und zu dessen Wesen das Fragen gehört, sich auch Fragen stellen muss. Mensch, wo bist du? Das ist die Frage nach dem „Ort“, an dem man sein Leben eingerichtet hat. Ist er dort, wo man sich, ganz auf sich selbst gestellt, fürchten muss? Wo man nicht sehen lassen kann, wie man wirklich ist, sich nicht einmal selbst zu sehen vermag? Es ist letztlich die Frage nach Gott und nach der Beziehung zu ihm. - Was hast du getan? Das ist die Frage nach der Verantwortung des Menschen. Er kann sie nicht abschieben. Zwar ist es richtig, dass manchmal das Unrecht anderer Menschen den eigenen Taten vorausgeht. Es ist auch richtig, dass Umstände und Verhältnisse ungerechtes Verhalten verursachen können. Dies alles entlastet aber nicht von der Verantwortung für das eigene Verhalten. Es bleibt immer auch sein eigenes Tun, das zu vielfältigen Störungen in seinem Leben führt. Darum ist die Frage in der Geschichte vom Konflikt zwischen Kain und Abel und vom Brudermord so wichtig, die Frage: Wo ist dein Bruder Abel? Wo ist dein Mitmensch? Was tust du ihm an? Was versäumst du an ihm? Die Frage macht deutlich: Was Menschen tun, wird böse, wenn es sich gegen das Leben von Mitmenschen richtet, wenn es das Miteinander stört oder zerstört.
Wir Menschen werden gefragt – nach Gott, nach unserer Verantwortung, nach unseren Mitmenschen. Wir spüren es manchmal, wenn wir merken, was wir mit unserem Verhalten angerichtet haben. Oder wenn uns das Wort eines anderen Menschen, ein Wort der Bibel die Augen öffnet. Gott fragt uns, er bricht die Beziehung zu uns also nicht ab. Wir bleiben so Menschen, die gefragt sind, gefragt von ihm, gefragt bei ihm. Wir bleiben wichtig für ihn. Das lässt hoffen. Gott gibt uns nicht auf. Und hört darum nicht auf, mit uns zu reden. Das ist es, was zum Vertrauen und zum Guten hilft, immer neu.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1537
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