SWR3 Gedanken

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Was ist eigentlich gerecht? Wenn meine Kinder früher die Süßigkeiten aufgeteilt haben, dann wurde genau abgezählt. Da war ganz schnell klar, ob gerecht geteilt war. Im unserem Berufsleben ist die Sache gar nicht mehr so klar. Denn was ein gerechter Lohn ist, ist mit einfachem Abzählen ja nicht getan. Ist zum Beispiel die Arbeit der Putzfrau, die jeden Morgen mein Büro reinigt, wirklich so viel unwichtiger als meine? Oder ist die harte Arbeit der Altenpflegerin, die sich um meine Mutter kümmert, nur halb so viel wert wie die des Arztes, der sie behandelt? Und wenn nicht, was wäre dann gerecht? Einfache Antworten gibt's da nicht. Wollte ich mir ein Urteil anmaßen, müsste ich mir erst mal Bewertungsmaßstäbe zurechtlegen. Welche Arbeit ist nun schwerer oder wichtiger,  dringender oder angesehener? Und damit lande ich verdammt schnell auf ziemlich dünnem Eis.

Umso irritierender der Vorschlag, den ein Gleichnis in der Bibel dazu macht. Alle bekommen einfach denselben Lohn, egal was, wie viel und wie lange sie gearbeitet haben. (vgl. Mt 20). Gerecht nach den Kriterien einer Leistungsgesellschaft ist das ganz sicher nicht. Die meisten von uns würden heftig protestieren. Doch um Leistung geht es dabei gar nicht. Auch nicht darum, wer besser, wichtiger oder angesehener ist. Jeder Mensch soll für seine Arbeit das bekommen, was er zum Leben halt braucht. Nur das ist gemeint! Ob man das nun gut findet oder nicht, gerecht wäre es eigentlich schon. Bei mehr als einer Million Menschen in Deutschland deren Arbeitslohn alleine nicht zum Leben reicht, scheint es da bei uns noch etwas Nachholbedarf zu geben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15311
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