SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Diese Bibelstelle ist extrem provokant. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich sie ganz gerne überhöre. Sie findet sich am Ende des Matthäusevangeliums. Ihre Botschaft ist ziemlich unmisserverständlich: Beim Jüngsten Gericht wird mir die alles entscheidende Frage gestellt: Hast Du den Hungrigen zu essen gegeben, den Durstigen zu trinken? Haben der Obdachlose und der Fremde bei Dir offene Arme gefunden? Und hast Du die Kranken besucht, auch die Gefangenen? Wie war es mit Kleidern für den Nackten?

Jesus selbst identifiziert sich mit all den Armen und Hilfebedürftigen. Was Du für sie getan hast, hast Du für mich getan, sagt Jesus.

Radikaler lässt sich das nicht mehr ausdrücken: Gottesliebe und Nächstenliebe sind eins. Eine erschreckend einfache Gleichung: In den Not Leidenden begegne ich Jesus und in Jesus begegne ich Gott.

Das hat auch der letzte Papst, Benedikt XVI. seiner Kirche unmissverständlich ins Stammbuch geschrieben - in seiner so viel beachteten Enzyklika, die den Titel trägt „Gott ist die Liebe". Dort heißt es: Der Liebesdienst, die Caritas ist für die Kirche nicht eine Art Wohltätigkeitsaktivität, die man auch anderen überlassen kann. Nein, karitatives Tun gehört zum Wesen der Kirche selbst.

Aber - so will ich mich herausreden - um die Notleidenden kümmert sich doch der Caritasverband oder das Diakonische Werk der beiden großen Kirchen! Das sind Profis, die wissen eh besser mit Fremden, Kranken und Obdachlosen umzugehen.

Aber das ist eine bequeme Antwort, denn: Habe ich dann nicht auch die Begegnung mit Jesus an die Profis delegiert? Die Frage brennt vielen Christinnen und Christen unter den Nägeln.

Das beschäftigt auch die rund 300 Frauen und Männer der Diözesanversammlung im Erzbistum Freiburg. Bis Sonntagmorgen werden sie beraten, wie es in der Zukunft mit der Kirche weitergehen soll. Und eben auch darüber: Welchen Stellenwert die Caritas, die Nächstenliebe in der Kirche hat. Und wie kommt das, was die Profis der Caritas tagtäglich tun, wieder in den Blick der Gemeinden?.

Aber auch ich selbst könnte mich ja so zumindest einmal wieder neu bemühen: Nämlich die Armen, Fremden oder Obdachlosen um mich herum überhaupt erst einmal wieder wahrzunehmen. Ich werde ihm dann selbst begegnen, das hat mir Jesus Christus versprochen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15192
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