Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Neuerdings sind auch bei den Evangelischen die Heiligen wieder ein Thema. Ganz besonders Franz von Assisi. Denn nach dem nennt sich ja der neue Papst Franziskus. Die Meinungen zu Franz von Assisi sind dabei sehr unterschiedlich: die einen finden ihn toll, weil er sich für die Armen eingesetzt hat. Die anderen vermuten eher, dass er psychisch krank war. Für mich treffen es beide Meinungen nicht, sie sind beide viel zu modern. Denn Franz von Assisi war vor allem eins: er war verrückt - verrückt nach Gott.
So zieht er sich zum Beispiel als junger Mensch auf dem Marktplatz seiner Heimatstadt splitterfasernackt aus. Damit wollte er öffentlich zeigen: seht her, ich verzichte auf den Reichtum und Besitz meiner Familie. Von jetzt an vertraue ich darauf, dass Gott für mich sorgt. Ein andermal redet er Vögel an - denn auch sie waren für ihn Schwestern und Brüder in Gottes großer Schöpfung. Und an Weihnachten erfindet er sozusagen das Krippenspiel, in dem er einen echten Ochs und einen echten Esel an die Krippe stellte - so wichtig waren ihm die biblischen Geschichten.
Wenn ich mir das Leben des Franz von Assisi anschaue, habe ich den Eindruck: immer da, wo wir heute das Gefühl haben, dass man es mit der Religion besser nicht übertreiben sollte, legt der Heilige Franz erst richtig los. Wo wir es heute in der Kirche schön ordentlich und vernünftig haben wollen, spielt Franz den Narren. Wo wir über Haushaltspläne reden, war Franz im wahrsten Sinne des Wortes bettel-arm. Wo wir sonntags gerne mal für ein Stündchen beten, redete er bei Tag und bei Nacht mit Gott.
Franz tut das, weil Gott selbst auch ganz „narrisch" ist vor Liebe. Gott ist verrückt nach den Menschen. Das können wir daran sehen, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist, vor allem mit den Kranken und den Außenseitern. Immer wieder segnet und schützt Gott deshalb diese unvollkommene, manchmal grausame Welt. Franz findet, dass er Gott darauf eine Antwort schuldig ist. Also wird er verrückt nach Gott. Er fährt aus den Kleidern, er freut sich an und mit allen Geschöpfen und kann lauter verrückte Sachen machen, ohne sich zu schämen.
Heilige wie Franz von Assisi sind wie Fenster zum Himmel: man sieht sie an und bekommt eine Ahnung von Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15161
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