SWR3 Gedanken

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Endlich hatten wir mal wieder Zeit: einen Tag lang Stadt - Kinder und Männer waren zuhause versorgt. Ein Freundinnentag. Mittags Sushi, danach in einem schicken Café Crèmetörtchen. Aber vor allen Dingen eins: quatschen, die neuesten Neuigkeiten austauschen, alte Anekdoten auskramen.
Und gegen Ende des Tages passiert dann das, was immer passiert: voller Enthusiasmus holen wir unsere Terminkalender raus und suchen nach einem erneuten freien Tag zusammen - dann geht's nicht und dann auch nicht; da muss ich arbeiten, da muss das Kind zum Zahnarzt, da der Familienurlaub; wie wär's mit einem Treffen in... drei Monaten? Vielleicht. Falls nichts dazwischen kommt.
Das ist sie also, die Tyrannei des Terminkalenders. Wir laufen und laufen im Hamsterrad der Zeit, wir laufen schneller und schneller, aber irgendwo ankommen, also wirklich ankommen, das tun wir nicht. Na ja, in drei Monaten dann also.
Ein altes Problem. Auch Jesus kannte diese Terminkalendertyrannei und stellte das Leben dagegen: „Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch."(Mt 6,26)
Das Leben siegt - gegen die Tyrannei des Kalenders!
Aber was machen wir? Wir laufen und laufen weiter in unserem Hamsterrad der Zeit.
Und so laufen wir verpassen die Zeit. Anstatt wie die Vögel zu fliegen und einfach zu leben, beschweren wir uns, dass alles zu schnell vorbeigeht, wir hängen der guten alten Zeit an oder aber wir warten auf den Tag in der Zukunft, an dem dann ganz sicher alles besser wird.
Dabei vergessen wir, dass Zeit sich nicht jagen oder einfangen lässt; erst in dem Moment, in dem wir aus unserem Hamsterrad aussteigen und wir wie Vögel frei durch die Lüfte fliegen, wird sich die Zeit ganz von alleine einstellen, werden wir Zeit haben. Zeit, sich in aller Ruhe zu treffen und Crèmetörtchen mit der Freundin zu genießen.

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