SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Bequem wäre es, wenn mit dem Tod einfach alles aus wäre. Dann hätte das blinde Schicksal das letzte Wort, das den einen zumisst, auf der Sonnenseite des Lebens geboren zu sein, während andere im Schatten stehen.
Bequem wäre es auch, wenn Ungerechtigkeiten zwischen den Menschen in diesem Leben erst nach dem Tod beseitigt würden. Irgendwann in der Ewigkeit... Dann müsste sich an den Zuständen dieser Welt nichts ändern.
Der Schweizer Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti will sich mit den bequemen Ausreden eines blinden Schicksals oder einer Vertröstung aufs Jenseits nicht zufrieden geben:
„Das könnte den Herren dieser Welt so passen, wenn erst nach dem Tod Gerechtigkeit käme" - dichtet er, und weiter: „wenn erst dann die Herrschaft der Herren, erst dann die Knechtschaft der Knechte vergessen wäre für immer."
Das hört sich nach Klassenkampf an, wie ein Protestsong von Wolf Biermann. Doch Marti macht lediglich ernst mit dem christlichen Osterglauben, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Seiner Meinung nach ändert der Glaube an die Auferstehung auch die Verhältnisse hier und heute: Der Befreier vom Tod „ist schon auferstanden und ruft uns jetzt alle zur Auferstehung auf Erden, zum Aufstand gegen die Herren, die mit dem Tod uns regieren" - so Kurt Marti.
Auferstehung und Aufstand - mir gefällt dieses Wortspiel. Es zeigt, dass die alte Osterbotschaft mehr ist als leere Propaganda. Ostern ist ein geradezu politisches Fest. Seine Botschaft verändert die Wirklichkeit von Menschen - damals vor 2000 Jahren und heute.
Mit der Auferstehung Jesu wurden geltende Regeln aus den Angeln gehoben. Schließlich war Jesus gekreuzigt worden, um ein Ärgernis aus dem Weg zu räumen und um die Jesus-Bewegung zu zerschlagen. Dass seine Anhänger später selbstbewusst verkünden, Jesus lebe, war nicht vorgesehen. Es war auch nicht vorgesehen, dass sich Jesu Anhänger zusammenschließen und in Gemeinschaften leben, in denen Geld, Macht und Ansehen nicht mehr zählen.
Diese Geschichten rund um die Auferstehung Jesu zeigen: keine politische, soziale oder wirtschaftliche Ordnung ist sakrosankt. Und es gibt keine irdische Ordnung, die nicht von den Maßstäben eines gerechten und menschenwürdigen Lebens her zu hinterfragen wäre - im Licht von Ostern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15055
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