SWR2 Wort zum Tag

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Ich erinnere mich noch an einzelne Fernsehbilder: Aufnahmen seiner letzten Rede in Memphis, Tennessee, an das Lorraine Motel, auf dessen Balkon er erschossen wurde. Sicher sind die Bilder im Lauf der Zeit in meinem Gedächtnis verschmolzen, aber eine einschneidende Erinnerung daran bleibt doch.
Vor 45 Jahren wurde der amerikanische Baptistenprediger, Bürgerrechtler und Friedensaktivist Martin Luther King ermordet. Für mich heute ein „Lehrmeister" der Gewaltfreiheit.
Damals war ich neun Jahre alt. Ich wusste nichts über diesen Mann mit seinem für mich so seltsam klingenden Namen, nur dass er zu Unrecht sterben musste - ein Opfer der Gewalt.
Er war ein „Farbiger", wie man sagte, ein Schwarzer, und er wollte sich nicht damit zufrieden geben, dass Schwarze in den USA als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Er war schwarz und von der Liebe Gottes überzeugt, die keine Unterschiede macht zwischen schwarz und weiß. Er war schwarz und unbequem. Deshalb wurde er auch erschossen.
Am Ende, nur ein Opfer der Gewalt?
Martin Luther King hat die Nachfolge Jesu ernst genommen. Für sein Leben hatten nicht nur Jesu Worte und Taten Vorbildcharakter. Er nahm auch dessen Leiden auf sich; er nahm wie Jesus den Tod in Kauf, um seine Botschaft konsequent zu vertreten.
Später wurde Martin Luther King für mich persönlich noch sehr wichtig: In der Vorbereitung auf meine Verhandlung als Wehrdienstverweigerer habe ich einiges von ihm gelesen und gelernt.
Kings Kritiker haben ihm oft vorgehalten, der Verzicht auf Gewalt bringe nichts. Diejenigen, die den Tod als Mittel gegen andere einsetzen, scheinen am längeren Hebel zu sitzen. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Gewalt provoziert immer Gegengewalt. Das ist es, was die Lebensverhältnisse seit Jahrtausenden zeigen.
Martin Luther King hat dies erkannt und die Konsequenzen gezogen. Dem Unrecht muss Widerstand geboten werden. Doch erst wer den Mut hat, aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen, und aufhört, Unrecht mit neuem Unrecht zu vergelten, kann das Gesetz des Todes wirksam außer Kraft setzen. Die Lektionen hierzu beginnen auf unseren Schulhöfen und sie enden in der „großen Politik".

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15053
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