SWR3 Gedanken

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Was Gastfreundschaft ist, das habe ich immer wieder von den Griechen gelernt. Einmal waren wir spät unterwegs und hatten uns verfahren.
Endlich kommen wir in ein Dorf und finden eine hell erleuchtete Taverne. Ein langer Tisch ist voll besetzt, dahinter springen Kinder herum, die Alten trinken Ouzo. Wahrscheinlich eine Familienfeier. Wir setzen uns vorsichtig an einen kleinen Tisch in der Ecke und fragen den Mann, ob es für uns noch was zu essen gäbe.  „Heute ist mein Enkelkind getauft worden, lacht er. Das ist meine Familie. Setzt euch und feiert mit." Und dann zaubert er Lammfleisch, Oliven und gebratene Auberginen auf unseren Tisch. "Guten Appetit und Prost, auf unser Taufkind!" sagt der Mann und zwei alte Frauen neben uns prosten uns auch zu.
Das ist also der harte Kern einer griechischen Tauffamilie, so ungefähr 50 Leute. Da ist die Cousine, die immer hin und herschaukelt, weil sie seit ihrer Geburt geistig behindert ist. Ihre Mutter hält immer die Hand auf ihr Bein, das beruhigt, sagt sie. Da sind die Tanten, die immer in schwarz rumlaufen, weil ständig jemand in der Familie stirbt. Ach ja und das Taufkind, ein Mädchen von 2 Jahren in einem weiß-rosa Tüllkleidchen.
Weiß rosa ist auch der Taufkuchen, der am Ende feierlich hereingetragen wird. Ob wir denn ein Stück wollten, fragt der 15 jährige Bruder der Taufmutter. Er hat ein paar Jahre in Deutschland gelebt, und hat gelernt, dass es höflich ist zu fragen. Aber bevor ich mit Blick auf meine Hüften dankend ablehnen kann, stehen schon rosa Plastiktellerchen auf unserem Tisch mit je einem Stück weiß- rosa Buttercremetorte. „Guten Appetit, sagt der Mann. Auf unser Taufkind"
Was für eine Kalorienorgie um Mitternacht! Was für eine Gastfreundschaft. Es waren die Griechen, die mir gezeigt haben, was Gastfreundschaft ist. Daran muss ich immer denken, wenn es um die Griechen und die Stabilität des Euro geht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15041
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