SWR3 Gedanken

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Ein ganz schön bunter Haufen, der da in Nordspanien auf dem Jakobsweg unterwegs ist: die meisten gut gebräunt, ein bisschen vom Wind zerzaust, und auf dem Kopf ein Strohhut, Cap oder Cowboyhut. Es ist eine Gruppe Wohnungsloser, die unterwegs ist nach Santiago de Compostela. Aber das fällt nicht weiter auf, denn nach ein paar Tagestouren sieht hier irgendwie jeder gleich aus.
Die Caritas Wohnungslosenhilfe im Kreis Konstanz hat die Tour organisiert. Anfangs mit einigen Bedenken, denn viele Wohnungslose sind Einzelgänger, und das Leben in einer Gruppe ist etwas völlig Neues für sie. Hinzu kommt die ungewöhnliche körperliche Anstrengung, die der Jakobsweg mit sich bringt. Aber es haben sich 22 Menschen auf den Weg gemacht, und drei Wochen später sind alle in Santiago angekommen. 
Dominik Schoch aus Radolfzell lebt seit zwei Jahren auf der Straße und ist auch mitgelaufen. Er hat sich eigentlich eher aus Langeweile angemeldet. „Mal zwei Wochen ein bisschen in Spanien rumlaufen", hat er sich gedacht. Mit Pilgern hat er eigentlich nichts am Hut. Aber nach der ersten Etappe spürt Dominik: „Da steckt mehr dahinter." Zuverlässigkeit war noch nie seine Stärke. Durch den Jakobsweg hat er gelernt, dass es sich lohnt durchzuhalten, gerade wenn man ein Ziel erreichen will.
Ein anderer Pilger sagt: „Auf diesem Weg habe ich meine Mauern eingelaufen." Eigene Mauern einlaufen, das kann ganz schön schwierig sein. Und ich glaube, dazu braucht es meistens einen Anstoß von außen: eine neue Umgebung, neue Menschen um einem herum, an körperliche Grenzen stoßen.
Die wohnungslosen Pilger haben die Erfahrung gemacht, dass Unmögliches plötzlich machbar wird. Das ist im Grunde nichts Neues. Der Verfasser des Psalms 18 aus dem Alten Testament ist sich sicher, dass Gott hinter solchen Erfahrungen steckt. Und er hat dafür fast die gleichen Worte gefunden. In dem Psalm heißt es: „Mit dir erstürme ich Wälle, mit meinem Gott überspringe ich Mauern."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15032
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