SWR2 Wort zum Tag

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Auferstehung ist das Thema an Ostern. Auferstehung vom Tod.
Die gibt es aber nicht erst am Ende der Zeit, glaube ich, wenn ich die Bibel recht verstehe. Auferstehung ist jetzt schon notwendig, wenn das Leben in selbst bezogener Routine dahin dümpelt. Kann es echter, erfüllter, wahrhaftiger werden?
Man muss sich entscheiden, meint David Foster Wallace. In seinem schmalen Buch mit dem Titel „Das hier ist Wasser". Darin ist eine Rede dokumentiert, die er vor Collegeabsolventen gehalten hat. David Foster Wallace war einer der angesagtesten Schriftsteller in den USA. Leider vor 5 Jahren gestorben.
In der Rede meint Wallace, für ein wahres, wesentliches Leben muss man sich entscheiden. Das lebt sich in unseren Zeiten nicht von allein.
Übrigens bei Jesus war das nicht anders. Er hat sich für seine Lebensweise auch entschieden. Hat gewählt zwischen konkurrierenden Grundeinstellungen. Die Story von der Versuchung sagt das. ‚Willst Du Macht in Deinem Leben?' fragt der Teufel. ‚Ich gebe sie Dir.' Jesus denkt nach, sagt nein und entscheidet sich, für ein Leben zugunsten der einfachen Menschen, von Kranken, Gedrückten.
David Foster Wallace meint, wir müssen uns auch entscheiden. Mitten im Alltagstrott, im Umgang mit normalen Mitmenschen, gerade in den banalen, oft frustrierenden Routinen. Beim Einkauf im Supermarkt z. B. im Feierabendverkehr auf vollen Straßen oder vollen Zügen. Da muss man sich grundlegend entscheiden, wie man sich und die anderen sieht. Wallace schreibt:
„Wenn ich mich nicht entscheide, werde ich jedes Mal sauer und niedergeschlagen sein, weil sich solche Situationen - meiner Standardeinstellung zufolge - alle um mich drehen, um meinen Hunger, meine Erschöpfung und es hat den Anschein, als stünde die ganze Welt mir im Weg."(S. 24)
Wenn ich wesentlich leben will, muss ich anders schauen. Wenn „Sie aufmerksam genug sind, schreibt er, können Sie sich entscheiden, die aufgebrezelte Frau, die gerade ihr Kind angeschnauzt hat mit anderen Augen zu sehen - vielleicht ist sie sonst nicht so, vielleicht hat sie gerade drei Nächte nicht geschlafen, weil sie ihrem krebskranken Mann die Hand gehalten hat." (S. 28)
In diesen „vielleichts" stecken kleine Auferstehungen. Wenn man sich entscheidet, in anstrengenden Mitmenschen neue Möglichkeiten zu sehen, so dass sie mich nicht mehr nerven. Noch einmal Wallace:
Freiheit erfordert Aufmerksamkeit und Offenheit und Disziplin und die Empathie andere Menschen wirklich ernst zu nehmen und Opfer für sie zu bringen, völlig unsexy, Tag für Tag. So zu leben, würde mich verwandeln.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15018
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