SWR2 Wort zum Tag

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Hans Küng, streitbarer katholischer Reformtheologe und prominenter Vorsitzender der Stiftung Weltethos, wird heute 85 Jahre alt. Er hat es sich und anderen nie leicht gemacht. Ob ihn sein ehemaliger Kollege an der Tübinger katholisch-theologischen Fakultät, Joseph Ratzinger, der ehemalige Papst Benedikt XVI, wohl anrufen oder ihm eine Glückwunschkarte schreiben wird?
Gemeinsam ist beiden: Sie sind zurückgetreten. Benedikt XVI von Papstamt, Hans Küng vom Vorsitz der Stiftung Weltethos. Es ist ein Zeichen von Weisheit zu erkennen, wann was im Leben seine Zeit hat. Wie oft scheitern Menschen an der Aufgabe, ihr Werk rechtzeitig weiter zu geben, in die Hände ihrer Kinder oder die fähiger Mitarbeiter, und gefährden damit manchmal sogar ihr Lebenswerk.
Das Anliegen des Weltethos bleibt auch nach Küngs Rücktritt aktuell. Hans Küng hat einmal geschrieben, dass das Weltethos nichts Kompliziertes ist, sondern etwas Einfaches, Elementares, wenige Regeln, die aber für das Zusammenleben jeder Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung sind. Mir scheint, dass die wichtigsten Dinge im Leben tatsächlich einfach sind. Allerdings kann die Umsetzung dieser einfachen Wahrheiten manchmal sehr kompliziert sein.
Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau leuchtet mir unmittelbar ein, ihre Umsetzung lässt auf sich warten. Die Verpflichtung auf ein Leben in Wahrhaftigkeit, die das Weltethos fordert: Einfach und elementar ist das, ich möchte mich ja verlassen können auf das, was andere mir sagen. So wie jeder Mensch aus Vertrauen lebt und darauf angewiesen ist. Doch jeder Mensch lügt, nachweislich sogar an jedem Tag mehrfach, wie oft belüge ich mich auch selbst. Und wie steht es mit der Verpflichtung auf Solidarität, die das Weltethos einfordert? Ich weiß doch, dass ich nicht alleine auf diesem Erdball lebe und doch bleiben mir weltwirtschaftliche Zusammenhänge manchmal gleichgültig, kreise ich oft genug um meinen eigenen Bauchnabel und fürchte, nicht genug zu bekommen. Selbst in meinem privaten Umfeld bin ich oft genug egoistisch. Deshalb: Ein Weltethos bringt nichts, wenn ich es nur theoretisch gutheiße, ich muss es auch leben. Wenn ich erfahre, dass ich vertrauen darf, wenn ich spüre, wie gut Spenden und Teilen tut, wenn ich mich als Frau akzeptiert und nicht abgewertet fühle, wenn ich mir und anderen die Wahrheit zumuten darf, dann geht es mir, ganz einfach, gut. Dann wird aus einer Forderung eine - fast - einfache Selbstverständlichkeit.
Dann kann Leben schlicht und einfach schön sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14946
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