SWR2 Wort zum Tag

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- Hoffnungen auf den Pontifkat von Papst Franziskus

Franziskus I. heißt das neue Oberhaupt der katholischen Kirche. Diesen Namen hat Jorge Mario Bergoglio, der bisherige Erzbischof von Buenos Aires, angenommen, den die Kardinäle am Mittwochabend zum Papst gewählt haben.

Zum ersten Mal ist mit ihm ein Repräsentant der außereuropäischen Kirchen an die Spitze der Weltkirche berufen worden. Mit der Berufung auf den heiligen Franz von Assisi, dessen Namen noch nie zuvor ein Papst angenommen hatte, hat er seinem Dienst eine Programmatik verliehen, die herkömmliche Vorstellungen in Frage stellen könnte. In der Ansprache am Abend der Wahl hat er sich als Bischof von Rom ausdrücklich in die Gemeinschaft seiner Mitbischöfe eingereiht. All dies lässt aufhorchen und gibt Anlass, Hoffnungen in diesen Pontifikat zu setzen. 

Was von dem neuen Papst erwartet wird, übersteigt freilich das Menschenmögliche. Vielleicht hängt dieses Übermaß auch damit zusammen, dass der Dienst an der Einheit der Kirche mit einer zentralistischen Allzuständigkeit verwechselt wird. Ich möchte daher an Papst Franziskus nicht in erster Linie Erwartungen richten, sondern ihm zunächst einmal ein Geschenk wünschen: Gott schenke ihm „ein Herz, das hört". Der biblische König Salomo, der nicht umsonst als weise gilt, hatte sich dieses „hörende Herz" von Gott erbeten. Ich erbitte für den neuen Papst diese Haltung, dieses Geschenk eines offenen, eines hörenden Herzens.

Ich glaube, dass es in der derzeitigen Krise der katholischen Kirche nicht darum geht,  für alle anstehenden Probleme unmittelbar die richtigen Lösungen zu finden - seien diese konservativ oder progressiv. Solche eindeutigen Lösungen gibt es wahrscheinlich auch gar nicht. Aber was ein großer Teil der Menschen in der Kirche und außerhalb der Kirche erhofft, ist mehr Weite und Offenheit bei ihren Verantwortungsträgern. Dass diese auf die Stimme der Armen in den Ländern des Südens hören; dass sie die Vielfalt der Weltkirche anerkennen und das Eigenständige, das sich in den jeweiligen Ländern und Kulturen entwickelt. Und dass sie offen dafür sind, wie Menschen heute leben, was sie bewegt und bedrängt, worauf sie hoffen und wonach sie sich sehnen. Sicher muss sich die Kirche aus Treue zum Evangelium auch kritisch mit dem so genannten Zeitgeist auseinander setzen. Aber könnte es nicht sein, dass der Geist Jesu Christi auch im Geist der Zeit zu uns sprechen will, in der wir leben und in der wir uns als Menschen bewähren müssen? 

Offenheit, ein „hörendes Herz", das erhoffe ich von dem jetzt beginnenden Pontifikat. Und ich meine damit nicht nur die persönliche Haltung von Papst Franziskus - das auch -, sondern ich denke - unter seiner Führung - an eine neue Qualität der Leitungsverantwortung in der katholischen Kirche insgesamt. Eine Bereitschaft zu hören, aus der Weite und Dialogfähigkeit erwachsen, das wäre ein großes Geschenk - für den neuen Papst und für die ganze Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14925
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