SWR2 Wort zum Tag

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„Fördert die Bibel den Dialog mit anderen Religionen oder erschwert sie ihn?“ Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Es kommt sehr darauf an, wie man die Bibel versteht. Wie man die Begegnungen mit anderen Religionen, von der sie erzählt, ins heute übersetzt. Paulus z.B., der unermüdliche Apostel des Christentums trifft auf die Religionen des griechischen Weltreichs.
In gut einer Stunde werden zehntausende Menschen auf dem evangelischen Kirchentag genau diese Geschichte bedenken. Paulus tritt auf in Athen. Und positioniert damit das kleine Pflänzchen des christlichen Glaubens auf dem buntesten und schrillsten Weltanschauungsmarkt der Antike. Beinahe idealtypisch diese Begegnung der Kulturen. Es wird erzählt:

„Paulus redete auf dem Markt..Einige Philosophen aber, Epikureer und Stoiker, stritten mit ihm. Und einige sprachen: Was will dieser Schwätzer? ..Sie nahmen ihn aber mit auf den Areopag und sprachen: Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du lehrst? ..Alle Athener hatten nämlich nichts anderes im Sinn, als etwas Neues ..zu hören.
Paulus sprach: ‚Ihr Männer von Athen. Ich fand einen Altar bei Euch, auf dem stand: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt: Gott ..hat das ganze Menschengeschlecht gemacht ..und hat fest gesetzt,..dass sie Gott suchen sollen . und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir. ..Und Gott hat jedermann den Glauben angeboten, indem er einen Mann von den Toten auferweckt hat.’ Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiterhören.“


Drei Punkte finde ich an dieser Erzählung bemerkenswert.
Der erste: Athen ist neugierig. Und macht damit die Begegnung der Weltanschauungen und Religionen erst möglich. Ich finde, das ist eine Dialogtugend, auch heute. Dass jede Mehrheitsheitsgesellschaft fremde Positionen zu Wort kommen lässt. Sie nicht an den Rand drängt.
Das zweite: Paulus sucht das Verständnis seiner Zuhörer. Er beginnt den Dialog nicht, indem er sofort die Unterschiede ins Spiel bringt. Sondern sagt sich und den Zuhörern: Zunächst einmal sind wir gleich, weil wir alle Gott suchen.
Und drittens: Dann macht er das eigene Profil des christlichen Glaubens deutlich: Jesus Christus den Auferstandenen. Trägt es selbstbewusst und mit Wahrheitsanspruch vor. Das fordert andere auf, auch ihr Profil zu zeigen. „Dialog mit Profil“, könnte man das nennen, was die Bibel hier idealtypisch entwickelt. Ohne Profil wäre der Dialog leblos und fad, aber ohne Toleranz ist ein Dialog unmöglich.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1489
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