Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wie geht´s? fragen wir uns beim Wiedersehen. Wer so fragt, wartet nicht unbedingt auf eine genaue Auskunft mit allen Einzelheiten. Die Frage „Wie geht's" ist erst einmal wie Händeschütteln. Sie gehört zur Begrüßung und hilft, ins Gespräch zu finden. Aha, es geht gut - schlecht - mittelprächtig? Vielleicht antwortet mein Gegenüber nur sparsam. Oder zögert mit einer Antwort. Das sagt mir schon einiges. Wenn es angebracht ist, kann ich weiterfragen. Oder werde vorsichtiger mit dem, was ich selbst sage. Mit dieser kleinen Frage nach dem Befinden und der Antwort entscheiden beide Seiten, wie tief das Gespräch sein soll.

„Wie geht´s" kann eine Floskel sein, aber ist oft freundlich gemeint. Ich bin interessiert an dir - du bist interessiert an mir .....wir möchten voneinander wissen, wie es gerade steht und Anteil nehmen. 

Wenn ich gefragt werde, wie es mir geht, dauert es manchmal eine Weile, bis ich ehrlich Antwort geben kann. Da muss ich erst nachspüren: Ja, wie geht es mir eigentlich? Was ist mir zur Zeit wichtig? Was beschäftigt mich, was fordert mich, was kostet Kraft, was erfüllt mich? Lauter Fragen, die vielleicht erst in diesem Moment auftauchen, wo jemand fragt. Aber die wichtig sind, damit ich besser in mir zu Hause bin. „Wie geht es mir eigentlich?" ist deshalb eine wichtige Frage, die ich mir immer wieder auch selbst stelle. Am besten täglich. Wie geht es mir heute? Was ist mir heute wichtig? Was ist heute schwierig? Was hat mich heute erfüllt? Denn es sind Fragen nach dem Menschen, der ich unter der funktionierenden Oberfläche bin. Es sind Fragen nach meinem Leben. Wie geht es mir wirklich? Und: Wer bin ich - heute? Diese Frage ist keine Nabelschau. Sie hilft, dass ich jeden Tag neu meinen Platz und meine Aufgaben im Leben finde.  

Ich stelle mir vor, dass auch Gott jeden Tag fragt: Wie geht es dir? Dass Gott mich dazu einlädt, darüber nachzusinnen, wer ich heute bin und wie es heute um mich steht. Und wie gut tut es, wenn ich das in Worte fasse und ausspreche. Leise oder laut, nur für Gottes Ohren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14861
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