SWR2 Wort zum Tag

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Auf die Auswirkung einer Entscheidung kommt es an!
Ignatius von Loyola war die Unterscheidung der Geister in seinen geistlichen Übungen besonders wichtig. Den Evangelischen war er feind, trotzdem kann ich als protestantische Christin mit einigen seiner Gedanken viel anfangen. Manchmal ist Ignatius sehr sensibel und auch klug und weiß, wovon er spricht. Er, der vornehme Ritter, der früher wohl so mancher Dame schöne Augen gemacht und sie um Ruhe und Unschuld gebracht hat, beschreibt die bösen Geister als listige Verführer, die das Vertrauen und die Liebe der Seele erschleichen. Dabei kaschiert sich so mancher böse Geist mit scheinbar frommen oder vernünftigen Argumenten. Ignatius empfahl deshalb, das Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren: Auf welchen Endzweck hin wollen einen die Geister bewegen!
Manche moderne Therapeuten sagen Ähnliches: Was sind die Auswirkungen einer Entscheidung? Das ist eine wichtige Denkhilfe. Was wird geschehen, wenn ich diesem oder jenem Impuls nachgebe? Möglicherweise klingt der Impuls ganz vernünftig, doch die Auswirkungen wären fatal - für mich und andere. „Sei vorsichtig!" kann für den einen Menschen eine sinnvolle Bremse sein, einen anderen hindert es daran, endlich das Leben zu wagen. „Du solltest nett sein" mag für einen Hitzkopf ein wichtiger Einwand sein, bei einem anderen Menschen unterstützt es nur dessen mangelnde Konfliktfähigkeit.
Zugegeben: Einfach ist das Unterscheiden der Geister nicht. Der Ritter Ignatius weiß: Es ist ein Kampf. Ein Kampf, den ich nicht delegieren kann. Die Verantwortung für meine Entscheidungen trage nur ich, und es gibt meistens kein Richtig oder Falsch per se. Das mag als Dilemma erscheinen, ich meine: Es ist ein Kampf der Unterscheidung der Geister. Dieser Kampf ist immer offen - und es hilft nur mutiges eigenständiges Denken, möglichst über den engen Horizont des augenblicklichen Moments hinaus. Was sind die Auswirkungen?
Deshalb bin ich misstrauisch gegenüber Ratschlägen aus der Retorte. Wenn es so einfach wäre, glücklich und reich und erfolgreich zu werden - warum funktioniert es dann trotz unzähliger Ratgeberliteratur nicht?
Ich meine, die Unterscheidung der Geister bleibt niemandem erspart, ganz persönlich. Und, wie bei jedem Kampf, braucht es Mut und ein gutes Quäntchen Glück. Zuletzt halte ich es deshalb mit Martin Luther. Wenn du schon nicht weißt, ob es Sünde ist oder nicht: Sündige tapfer. Und vertraue auf Christus. Denn zuletzt haben wir selbst bei bestem Nachdenken und Überlegen die letzten Auswirkungen unserer Entscheidungen nicht in der Hand, sowenig wie unser Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14840
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