Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der Navigator ist eine tolle Erfindung! Er erleichtert das Autofahren enorm. Im Urlaub hat er mich von der Pfalz bis in die Bretagne gelotst – problemlos durch das Strassengewirr um Paris herum – und weiter bis in eine kleine Gasse an der Küste, genau vor mein Feriendomizil. Vor ein paar Jahren bin ich schon mal dorthin gefahren. Damals war alles noch viel umständlicher: Karten studieren, die Route rausschreiben, unterwegs anhalten und schauen, wie ich einen Stau umfahre. Alles vorbei. Der Navigator sagt mir an jeder Abfahrt oder Kreuzung, wie es weitergeht. Eine tolle Sache!
Doch das Fahren mit Navigator hat auch seine Tücken. Wenn er mal nicht funktioniert, bin ich aufgeschmissen – wenn ich mich in der Gegend nicht auskenne und vor allem: wenn ich keine Karten mehr dabei habe. Dann stehe ich orientierungslos da. Außerdem weiß der Navi nicht immer den besten Weg. Dort, wo ich mich gut auskenne, bin ich schon öfter anders gefahren, als er mich geschickt hat – und meine Route war tatsächlich kürzer und schneller.
Ich habe gemerkt: Wer nur noch mit dem Navigator fährt, wird immer mehr von ihm abhängig. Man benötigt keine eigene Ortskenntnis mehr. Man muss sich keine Wege mehr merken. Und vor allem: Der eigene Pfadfinder-Spürsinn verkümmert – man braucht doch nur noch Schritt für Schritt das zu tun, wozu einen die Navigator-Stimme freundlich auffordert. Die Gefahr dabei ist eben, dass man nur noch von einer Fahranweisung bis zur nächsten denkt. Dann gehen nicht nur der Überblick und der Spürsinn verloren. Es bleibt auch ein Stück Selbststeuerung auf der Strecke.
Genau die gleiche Gefahr gibt es für den eigenen Lebensweg. Die Gefahr, wie Navigator-gesteuert zu leben. So manche Stimmen in unserer Gesellschaft sagen uns vor: „Das ist der Weg, um glücklich zu werden!“ Es wird uns eingeflüstert: „Kaufen Sie jetzt das und das – dann fühlen Sie sich wohl!“ Wie die Navigatorstimme vor der Kreuzung so suggerieren die Werbung und die öffentliche Meinung, was ich tun muss, um ans Ziel zu kommen – genaugenommen aber an ein Ziel, das diese Stimmen für mich ausgesucht haben.
Auch in Zeiten der Navigatoren ist eine Landkarte hilfreich. Auch eine Art Landkarte des eigenen Lebens. Da kann ich mich von Zeit zu Zeit vergewissern, ob ich auch wirklich auf meinem eigenen Weg bin. Auf dem Weg, der zu meinem persönlichen Lebensziel führt. Zu sich selbst und zu seinem Lebensglück findet nur der, der selbstgesteuert lebt.







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