SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wenn Sie diesen Beitrag im Radio hören, nutzen sie ein Medium, was trotz allen sogenannten „Neuen Medien" immer noch sehr viel Zuspruch hat. Das Neue an den heutigen Möglichkeiten aber ist die Vernetzung. Menschen reagieren in Echtzeit auf Beiträge im Radio, Fernsehen oder den Online-Medien. Es entstehen Diskussionen und es bilden sich Meinungen innerhalb dessen, man auf Englisch „Internet Community" und auf Deutsch „Netzgemeinde" nennt.

Sicher, an vielen von uns geht das vorbei und noch längst nicht alle sind Mitglieder der neuen „sozialen Netzwerke". Doch selbst diejenigen, die Facebook, Twitter oder YouTube gar nicht nutzen, bekommen über die Fernesehnachrichten inzwischen Videos gezeigt, die zunächst über das Internet verbreitet wurden - etwa wenn in Bürgerkriegen oder in Diktaturen keine andere Berichterstattung möglich ist.

Wenn schon vorher durch weltweites Wirtschaften und leichteres Reisen die Welt zu einem globalen Dorf geworden war, so hat das Internet, vor allem das so genannte „Netz 2.0", diesen Prozess noch einmal rasant beschleunigt.

Als Christ stelle ich mir hier die Frage, auf welcher Basis und auf welchen Werten diese neue Gemeinschaft und Gemeinde aufgebaut ist. Denn es wäre ja großartig, wenn damit auch das Gefühl der weltweiten Zusammengehörigkeit gestiegen wäre, wenn wir weltweit solidarischer, weniger feindschaftlich leben könnten und freundschaftlich zusammenwachsen würden.

Leider beobachte ich aber auch, dass in einer globalisierten Welt der Rückzug auf die eigene, kleine Gruppe, die ethnische oder nationalistische Gemeinschaft wieder zunimmt. Da haben Menschen Angst, ihre Identität zu verlieren in einer immer unübersichtlicheren und unsicheren Welt. Und aus dieser Angst heraus ziehen sie sich zurück in ihren Kokon, ihre kleine, anscheinend sichere und abgegrenzte Gruppe. Viel Streit und Leid entsteht dadurch und viele werden ausgegrenzt, enttäuscht, aufgestachelt zum Hass.

Was es braucht, ist aber beides: Die Wärme der Gemeinschaft spüren zu können, damit wir zu uns selber finden und den Mitmenschen Halt und Geborgenheit geben. Aber auch dass wir weltweite Solidarität leben können, uns öffnen für das, was wir noch nicht kennen und was uns die Globalisierung ins Wohnzimmer bring. Dass wir uns nicht in unsere kleine, scheinbar heile Gruppe flüchten, uns nicht abgrenzen müssen vor den Anderen, dass wir aber auch nicht verloren gehen im globalen Computer- und Wirtschaftsnetz, in der Unübersichtlichkeit einer rein elektronischen Welt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14769
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