SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Zu den aufregenden Kindheitserinnerungen gehört  für mich der Empfang des Aschenkreuzes. Irgendwie unheimlich und mit Gänsehaut hörte ich, wenn der Priester meine Stirn mit Asche bekreuzte und dazu sprach: „Staub bist du, und zum Staube kehrst du zurück". Aufregend und schockierend -  und doch spürbar richtig. Jetzt im Alter kommt mir  dies wie ein Leitmotiv vor. Zum christlichen Osterglauben  jedenfalls gehört dieser konfrontierende Realismus. Da wird nichts beschönigt und verharmlost, da wird auch nichts dramatisiert oder pessimistisch eingefärbt. Nein, es wird  schlicht beim Namen genannt, wie vergänglich wir sind. „Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz." (Ps. 90, 12) Der Psalmist Israels bittet förmlich darum, dass wir nicht kneifen und illusionär leben. Es braucht  seiner Meinung nach dazu freilich eigens göttliche Belehrung. Zu groß scheint die Gefahr, dass wir uns  belügen. Als ginge es immer so weiter! Das wirkliche Ja-Sagen  zum irdischen Leben will gelernt sein.

Humus und Humor -  beide Worte haben denselben Wortstamm, und dazu kommt humilitas, meistens mit Demut übersetzt. Geerdet-sein und irdisch werden, das ist die Einladung dieses Aschermittwoch. Die Humorigkeit der Karnevalstage und der Humus des Irdischen - sie gehören untrennbar zusammen. Sie erden uns , sie machen  mal übermütig und immer demütig. Sie sind das Material des Osterglaubens. „Staub bist du, und zum Staube kehrst du zurück. Der Herr aber wird dich auferwecken am jüngsten Tage."

Deshalb ist  solch ein Aschermittwoch keineswegs trübsinnig.  Denn  das Aschenkreuz erinnert an die Auferweckung der Toten. Im  Mut, sich mit dem vergänglichen  Leben konfrontieren zu lassen, zeigt sich die  österliche Zumutung. Wer glaubend und hoffend dem eigenen Tod ins Auge zu sehen vermag, lebt anders. Er weiß um die gestundete Zeit und das befristete Leben, und das mit Zuversicht. So kann der Aschermittwoch zur Einladung werden, diese 4o Tage bis zum Osterfest  alternativ zu gestalten, z.B. als Zeit der Neuorientierung, im Umschichten der Energien, im Aufräumen innen und Aussen. „Staub bist du und zum Staub  kehrst du zurück. Der Lebendige aber wird dich auferwecken an deinem jüngsten Tage."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14730
weiterlesen...