Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Gott ist auf der Seite der Verlierer. Deshalb hat sich die Kirche um die Verlierer der Gesellschaft zu kümmern. In Lateinamerika spricht man gerne von der Option für die Armen und auch hier bei uns ist klar, ohne Caritas und Diakonie, ohne Einsatz für die Schwachen und Armen ist Kirche nicht denkbar.
Aber wenn Gott auf der Seite der Verlierer steht, wie verhält er sich dann zu den Gewinnern? Viele von uns sind ja eher Gewinner als Verlierer. Weltweit gesehen stehen wir im reichen Mitteleuropa eh auf der Gewinnerseite. Verglichen mit dem was ein durchschnittlicher Afrikaner zur Verfügung hat, können wir uns hier nicht beschweren. Und auch unter uns gibt es ja nicht nur Verlierer, es gibt nicht nur Arbeitslose, viele haben ja einen Job, manche so gar einen sehr gut bezahlten. Ist Gott auch mit den Gewinnern ?
Mir fällt zu diesem Thema immer eine kleine Episode aus den herrlichen Filmen von Don Camillo und Peppone ein. Der katholische Pfarrer und der kommunistische Bürgermeister, die in einem ewigen Kleinkrieg liegen. Einmal messen beide ihre Kräfte beim „Hau-den-Lukas-Spiel“ auf dem Rummelplatz. Bei Peppone schlägt der Zeiger bis auf 952 aus, Tagesrekord! Alles klatscht und johlt. Daraufhin haut auch Don Camillo. Er schafft sage und schreibe 1000, den Höchstwert. Das lässt Peppone nicht so stehen, er schlägt nochmals und schafft ebenfalls 1000.
Am Abend betet Don Camillo wie immer in der Kirche vor dem Kreuz. Er sagt zu Jesus: „Ich danke dir. Ich hatte wahnsinnige Angst.“ „Dass du keine tausend erreichen würdest?“ fragt Jesus. „Nein“, antwortet Don Camillo, „ich fürchtete, Peppone würde sie vielleicht nicht erreichen. Ich hätte ihn auf dem Gewissen gehabt.“ *
Gewinner zu sein ist was Tolles. Aber, wenn gewinnen heißt, andere auf dem Gewissen zu haben, wenn Reichtum auf der Armut anderer aufbaut, wenn Aktiengewinne damit erkauft werden, dass immer mehr Menschen entlassen werden, dann steht Gott nicht auf der Seite dieser Gewinner. Am Ende des Gespräches verrät Jesus Don Camillo noch, dass er Peppone beim Zuschlagen ein wenig geholfen hat, denn eigentlich möchte Gott, dass es gar keine Verlierer gibt.

* Guareschi, G. Don Camillo und Peppone. Hamburg. Rowohlt Tasuchenbuch-Verlag 1957 (Auflage 1987, S. 67)


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