SWR3 Gedanken

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Ungeplante Treffen sind meistens die besten. Das hat erst vor kurzem mein Großonkel Anton bewiesen. Er ist übrigens mein großes Vorbild in Sachen Leben genießen. Anton wohnt 20 Minuten außerhalb von Stuttgart und wann immer er Lust hat, setzt er sich in die S-Bahn und fährt in die Stadt. Dort schlendert er dann gemütlich durch die Straßen, trinkt hier einen Kaffee und dort einen Espresso und schaut sich das bunte Treiben und vor allem die Menschen an. Sein Tag in der Stadt endet meistens im selben Lokal mit einem leckeren Essen. Dann fährt er heim, trinkt in seiner Stube auf der Eckbank noch ein Gläschen Rotwein und lässt den Tag Revue passieren.

Anton kommt bei seinen Großstadtausflügen immer, aber wirklich immer, mit Leuten ins Gespräch. So auch an einem Abend im Dezember in seinem Lieblingslokal. Am Tisch neben ihm sitzt ein älterer Herr und lässt es sich gut gehen. Die beiden Tischnachbarn kommen ins Gespräch und der Mann erzählt, dass er als italienischer Gastarbeiter nach Deutschland gekommen ist und heute Geburtstag hat. Und nicht irgendeinen, sondern den 80. Anton freut sich mit ihm, fragt aber natürlich, warum er den Abend alleine verbringt. Und schon ist ein ganz persönliches Gespräch über das Leben und die Liebe im Gange.

Am Ende des Abends haben die beiden Herren gemeinsam gegessen, auf den 80. Geburtstag angestoßen und wirklich ein bisschen gefeiert. Als die beiden sich verabschieden, bedankt sich der Herr, der jetzt kein Fremder mehr ist. Er bedankt sich für´s Sprechen, Lachen und Zuhören. Für das gemeinsame Essen und vor allem dafür, dass er seinen 80. Geburtstag nicht alleine feiern musste.

Anton ist für mich das beste Beispiel dafür, dass die ungeplanten Begegnungen häufig ganz besondere sind. Und dafür, dass ich Menschen so nur treffen kann, wenn ich offen durch die Welt gehe.

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