Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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 Einen Gottesdienst ohne Gott - das wünschte sich ein Brautpaar für seine Hochzeit. „Bei einer kirchlichen Trauung ist doch alles auf den Glauben ausgelegt. Wir möchten, dass bei unserer Trauung wirklich wir als Brautpaar im Mittelpunkt stehen", sagte das Paar, das keinen Bezug mehr zu Glauben und Kirche hat. Ein freier Theologe, der nicht im Auftrag der Kirche arbeitete, erfüllte - gegen ein entsprechendes Honorar - ihren Wunsch. So gab es also eine feierliche Trauung. Sie fand in einer Kirche statt, es brannten Kerzen und es gab festliche Musik. Es wurden Ringe getauscht, und es gab sogar eine Predigt. Nur: Gott kam dabei nicht vor. In der Feier wurde davon erzählt, wie Braut und Bräutigam sich kennen und lieben gelernt haben. Es gab viele gute Wünsche für den gemeinsamen Lebensweg. Alles so, wie es sich das Brautpaar für diesen einmaligen Tag vorgestellt hatte. Und wie es sich jedes Brautpaar der Welt wünscht, nämlich am Tag der Hochzeit im Mittelpunkt zu stehen. Dass dabei aber Gott nicht vorkommen soll, leuchtet mir nicht ganz ein. Für mich ist Gott keine Konkurrenz zum Menschen. So wie ich den Gott der Bibel verstehe, würde ich es sogar genau umgekehrt sagen: Gerade wo Gott vorkommt, steht der Mensch im Mittelpunkt. Denn für Gott gibt es nichts Größeres, als wenn Menschen sich entfalten und glücklich werden. Gott will, dass das Leben der Menschen gelingt. Er will ganz besonders, dass die große Liebe zwischen zwei Menschen glückt. Sich das sagen zu lassen, tut gut, auch und gerade bei einer Hochzeit. Denn menschliche Liebe ist immer auch etwas unsicher. Die Liebe Gottes dagegen ist unerschütterlich. Sie kann die gemeinsame Liebe der Brautleute stützen und tragen. Ich jedenfalls habe mir diesen Zuspruch bei meiner eigenen Trauung gerne sagen lassen. Und manchmal denke ich auch heute noch daran zurück.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14618
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