SWR2 Wort zum Tag

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Ältere Erwachsene können viel bei Jugendlichen bewirken. So erzählt ein Jugendbuch, in dem sich ein 13jähriges jüdisches Mädchen in Berlin entscheiden muss, ob sie das Fest ihres religiösen Erwachsenwerdens, die bat mitzwa, feiern will, um danach Rechte und Pflichten im jüdischen Glauben zu übernehmen. Dass es so kommt, nach vielen Wirrungen und Irrungen, ist der Großtante zu verdanken.
Nelly, die Hauptfigur in diesem Jugendbuch, ist 13 Jahre alt, will Astronomie studieren und die Galaxien kennen lernen. Nebenher schwärmt sie für Prinz William, der allerdings unerreichbar für sie ist, es sei denn, sie schafft es, in das Basketball-Team ihrer Schule zu kommen. Denn dieses fährt zu einem Sportwettkampf, über den Prinz William als Schirmherr wacht. Weil Nelly aber überhaupt nicht Basketball spielen kann, braucht sie einen, der ihr das beibringt: Der neu an die Schule gekommene Max Minsky ist der Richtige, das sieht sie auf dem Schulhof sofort. So kommt es: Max bringt Nelly Basketball bei, dafür macht Nelly alle seine Hausaufgaben und Referate. Und Nelly schwänzt deswegen ihren Bat-Mitzwa-Unterricht, riskiert für ihre Schwärmerei das religiöse Fest und die Familienfeier.
Meine Konfirmandinnen und Konfirmanden sind in derselben Situation: Sie haben vielerlei Vorhaben und Pläne, sind am liebsten überall gleichzeitig, wo es interessant sein könnte, und müssen sich mit der Konfirmation für einen Weg entscheiden. Aber Konfirmation bedeutet eben nicht nur ein einmaliges Fest, sondern Unterricht, regelmäßig, jede Woche.
Warum macht ihr das eigentlich? So werden sie von den jüdischen Jugendlichen gefragt, die zum Gespräch in unseren Unterricht kommen. Anders als die Romanfigur Nelly und die wirklichen jüdischen Altersgenossen müssen sie in unserer mehrheitlich noch christlich geprägten Gesellschaft in der Regel nicht erklären, warum sie Konfirmation feiern wollen.
Es ist ein guter Anstoß, wenn die Frage von jemand kommt, der sich selbst sehr bewusst für ein ähnliches religiöses Fest an der Schwelle vom Kind zum Jugendlichen entschieden hat. Denn in den jüdischen Gemeinden übernimmt ein Jugendlicher dann tatsächlich die Aufgaben eines erwachsenen Gemeindemitglieds: aus der Bibel vorlesen, in hebräisch natürlich, einen Bibelabschnitt auslegen, den Segen sprechen.
Wie gesagt, Nelly feiert dann doch ihre Bat Mitzwa. Ihre Großtante hat mit ihr alle Irrungen und Wirrungen ausgehalten und ihr zugleich liebevoll klar gemacht, dass dieses Fest zum Ausdruck bringt: Sie ist nicht allein. Sie ist Teil einer Gemeinschaft, die sie trägt.
Das wünsche ich mir auch für meine Konfirmandinnen und Konfirmanden: Dass sie Erwachsene um sich herum haben, die sie so begleiten und ihnen das vermitteln können.

Jugendbuch: Holly-Jane Rahlens, Prinz William, Max Minsky und ich

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