SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Mein Bodensee!" - Das denke ich manchmal, wenn ich aus meinem Stuttgarter Alltag am Wochenende oder in den Ferien an den Bodensee komme. Wenn ich schon von der Autobahn aus das Ufer sehe, mit Pappeln, Obstwiesen, Weinbergen, kleinen Dörfern und mittendrin die glatte Fläche des Sees mit den Alpen im Hintergrund.
Je nach Jahreszeit und Wetter dann mit mehr oder weniger Schiffen. Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen und wenn ich am See bin, dann fühlt es sich an wie Urlaub und Heimkommen in einem. Und wenn ich diesen weiten Horizont am See vor mir habe, kann ich manche Sorge vergessen und ich habe das Vertrauen, dass irgendwie alles gut wird. Es ist Heimat und es hat für mich eine religiöse Dimension, denn dieser See war schon da als ich noch nicht gelebt habe. Ihn habe ich in vielen Lebenslagen schon gesehen und er wird auch da sein, wenn ich mal nicht mehr bin. Der Gedanke an diese schöne Welt, die bleiben wird, hat etwas Tröstliches und Heiles. Es ist, als ob Gott sich hier an diesen schönen Ort zu uns Menschen herablassen würde. Früher habe ich gedacht, dass das nur im Sommer stimmt, aber inzwischen finde ich diese Schönheit und diesen Trost auch im Winter am See.
In stressigen Momenten atme ich manchmal tief durch und wenn keiner hinschaut mach ich auch kurz die Augen zu und hole mir das innere Bild von „meinem" Bodensee wieder her. Erholung innerhalb ein paar Sekunden. Wie ein Stoßseufzer oder ein Gebet ohne Worte.
Für mich ist es der Bodensee, für andere das Neckarufer, die Alb oder sonst ein Stück Natur der Heimat. Und es funktioniert auch mit der Landschaft, die ich im Urlaub in einem anderen Land genossen habe. Ich finde es wichtig, dass es so einen heilen Ort gibt. In der Wirklichkeit und dann auch im Herzen.

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