Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Paris, Elysée-Palast, an einem Januartag 1963. Charles de Gaulle und Konrad Adenauer unterzeichnen den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. 50 Jahre ist das jetzt her. Und doch hat sich ein Bild ins Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt. Nach der Unterzeichnung umarmen sich die beiden alten Männer: der französische Präsident und der deutsche Bundeskanzler. Ein bewegender Moment. Jeder begreift: hier wird Geschichte geschrieben.

Über Jahrhunderte hatten Deutsche und Franzosen einander bekämpft. Zahllose Kriege stürzten die Völker ins Elend. Und jetzt sollte es vorbei sein mit der immer wieder beschworenen „Erbfeindschaft". Ein für alle Mal! Eigentlich ein Wunder, das für uns Heutige längst zum Alltag geworden ist.

„Wer nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist." Dieser Satz trifft auch auf Christen zu. Und es ist sicher kein Zufall, dass die Architekten eines freien und friedlichen Europas überzeugte Christen waren. Ganz bewusst feierten de Gaulle und Adenauer die deutsch-französische Freundschaft mit einer Messe in der Kathedrale von Chartres.

Ein anderer Europäer der ersten Stunde war Robert Schuman, der die Idee zur Montanunion hatte, dem Vorläufer der heutigen EU. Eigentlich wollte der Sohn eines lothringischen Vaters und einer luxemburgischen Mutter Priester werden. Dann aber ging er in die Politik. Im Krieg geriet er in deutsche Gestapohaft, floh und schloss sich dem Widerstand, der Résistance an. Nach 1945 wurde er Außenminister Frankreichs und erster Präsident des Europäischen Parlaments.

Für Robert Schuman war der christliche Glaube Motor seiner Politik. Ihm war klar: Ohne die Bereitschaft zu Vergebung und Versöhnung konnte es keine gute Zukunft geben. „Selig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden" (Mt 5,9). Diese Verheißung Jesu aus der Bergpredigt war für den Politiker kein leeres Wort.

Es ist gut, wenn Jubiläen wie der bevorstehende 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags uns an die Anfänge der europäischen Einigung erinnern. Und an den großartigen Beitrag, den gläubige Christen dabei leisteten: in hohen Staatsämtern, aber auch an der Basis, etwa in den vielen deutsch-französischen Städtepartnerschaften.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14555
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