SWR2 Wort zum Tag

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Ein Schiff sinkt. Es geht mit Mann uns Maus unter. Nur ein Junge überlebt. Und ein Tiger. Zusammen verbringen die beiden fast ein Jahr auf einem Rettungsboot. Bis die Nussschale endlich ans Ufer stößt. Und beide gerettet sind. Das ist in Kürze die Geschichte, die derzeit im Kino läuft. Ein bewegender Film ist daraus geworden. »Schiffbruch mit Tiger« heißt er.
Der Junge ist Pi, Sohn eines Zoodirektors in Indien. Der beschließt eines Tages auszuwandern. Und schon befindet sich seine Familie - mitsamt einer Menge von Tieren - auf einem Schiff. Aber es ist keine moderne Arche Noah. Sie sehen kein neues Land, sondern kommen in einen Sturm.
»Schiffbruch mit Tiger« erzählt trotzdem - wie die Arche-Noah-Geschichte - eine Geschichte von Gott. Denn Pi glaubt. An viele Götter. An die Götter der Hindus, an den christlichen Gott, an den Gott der Muslime. In allen Religionen entdeckt er Göttliches. Und selbst in seiner aussichtslosen Lage auf dem Rettungsboot kann Pi Göttliches entdecken.
Da ist zum Beispiel die Szene, in der Pi seinen ersten Fisch fängt. Pi ist Vegetarier. Aus religiösen Gründen. Er sieht alles, was lebt, als Teil der Schöpfung an. Aber zum Überleben muss er etwas zu essen fangen. Und das klappt auch, nach vielen Versuchen hat er endlich einen Fisch im Netz. Er ringt mit dem großen Fisch, besiegt ihn, schlägt ihn tot. Und der tote Fisch guckt ihn aus seinen leblosen Augen an. Blickt ihn mit den Augen Gottes an. Und Pi ist verzweifelt. Weil er diesen Fisch töten musste.
Da ist eine andere Szene. Es ist Nacht. Und das Meer beginnt zu leuchten. Viele Fische und kleinste Lebewesen tauchen das Wasser in ein geheimnisvolles Licht. Wolken von Licht, fast so, als würde das Universum im Meer schwimmen. Das Universum, das der Legende nach einer der hinduistischen Götter in seinem Mund trägt.
Und eine dritte Szene. Das Meer ist totenstill. Es ist morgens. Und die aufgehende Sonne taucht das Wasser in ein strahlendes Licht. Wolken spiegeln sich. Der Übergang zwischen Himmel und Wasser ist nicht mehr zu sehen, alles ist nur Licht. In der jüdisch-christlichen Schöpfungsgeschichte schafft Gott als erstes Licht. Und einen Abglanz dieser Schöpfung zeigt der Film in beeindruckenden Bildern.

Der Film hat mir deutlich gemacht: Göttliches lässt sich überall finden. Es kommt nur darauf an, es zu entdecken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14520
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