Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Zum einen Ohr rein und zum andern wieder raus! Habe ich immer gedacht. Wenn ich meine Kindern sagte, sie sollen ihr Zimmer aufräumen. Oder mehr frisches Obst essen. Zum einen Ohr rein und zum andern wieder raus! So mancher Lehrer kann davon ein Lied singen. Überhaupt alle, die in ihrem Beruf hauptsächlich Worte machen.
Worte kann man halt nicht sehen. Da vibriert nur die Luft.
Aber- die Bibel redet mit großem Respekt von Worten. Worte wirken- auch wenn man die Wirkung erst einmal nicht sieht. Worte sind der Anfang von allem, meint die Geschichte von der Erschaffung der Welt. Und Gott sprach „Es werde Licht“ und es ward Licht. Heißt es da. Und sie wirken weiter. Wie der Regen. Der fällt zwar auf die Erde und man sieht, wie er wieder verdunstet und zur Wolke am Himmel wird. Aber zwischenzeitlich lässt er Pflanzen aufblühen und rettet Mensch und Tier vor dem verdursten. So ist Gottes Wort.
Eben: Lebendig und kräftig und schärfer.
Der deutsche evangelische Kirchentag, der übermorgen in Köln beginnt, hat sich das zum Motto gewählt. Lebendig und kräftig und schärfer. Klingt ein bisschen sexy, der Satz aus dem Neuen Testament. Und ist es auch, denn alles, was lebendig und energiegeladen ist, ist auch sexy.
Schärfer aber - ist das Wort im Vergleich zu einem zweischneidigen Schwert- bis heute das Symbol der richterlichen Gewalt. Gottes Wort macht also nicht nur lebendig- es ist auch gefährlich. Es dringt durch Mark und Bein, es bohrt sich in die menschliche Seele und ins Gewissen. Niemand kann sich auf Dauer davor verschließen. Niemand kann auf Dauer Menschen belügen und betrügen. Irgendwann kommt es ans Licht. Und das ist dann alles andere als sexy.
Lebendig und kräftig und schärfer- wünschen sich die 300 000 Gäste auf dem Kirchentag die Diskussionen und Vorträge über die brennenden Probleme der Welt. Lebendig und kräftig und schärfer wird sich der Kirchentag an der Kritik des G8 Gipfels in Heiligendamm beteiligen, der zeitgleich mit dem Kirchentag stattfindet. Und rund um die Uhr werden Christinnen und Christen dafür beten, dass es dort einen Gipfel der Gerechtigkeit geben wird für die Ärmsten in der Welt und für die Bewahrung von Gottes Schöpfung.
Übrigens- heute, da meine Kinder fast erwachsen sind, räumen sie wie freiwillig ihr Zimmer auf und essen frisches Obst. Also doch nicht zum einen Ohr rein und zum anderen raus. Es hat nur länger gedauert als mir lieb war. Worte haben eben doch Wirkung.
Ich hoffe sehr, dass es bei den Mächtigen im G8 Gipfels schneller als bei meinen Kindern geht, bis sie freiwillig tun, was zum Wohl aller Menschen zu tun notwendig ist.
Aber - wir haben es nun mal nicht in der Hand, wie unsere Worte wirken. Wir können nur hoffen und beten, dass Gottes Wort in unseren Worten vibriert. Lebendig und kräftig und schärfer. https://www.kirche-im-swr.de/?m=1451
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