SWR3 Gedanken

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Wozu braucht man eigentlich ein Pfarrhaus? Wurde ich vor ein paar Tagen gefragt. Und ich habe erzählt:
Es ist Vormittag und es klingelt sturm. Vor der Tür steht eine ältere Dame, Panik in den Augen: „Frau Pfarrerin, es brennt! Gucken sie, da vorne an der Straßenecke brennt der Mülleimer!" Ich komme gar nicht dazu, darüber nachzudenken, ob es in meiner Theologenausbildung vorgesehen ist, dass ich mich auch als Feuerwehrmann bewähren muss, ich schnappe meinen größten Eimer und laufe los. „Ach" seufzt die Dame „wie gut, dass sie da sind, ich wusste nicht, was tun."
Sonntagmittag, es klingelt, eine Frau steht vor der Tür, hinter ihr ein kleines Mädchen: „Gott sei Dank, sie sind da! Ich bin auf der Durchreise und mein Auto hat einen Platten und ich dachte mir, neben der Kirche wohnt bestimmt der Pfarrer. Können sie mir helfen?" Nun bin ich eben Pfarrerin und keine Automechanikerin, sondern Radfahrerin, aber ich kenne mich im Dorf aus und fünf Häuser weiter wohnt einer, der sich mit Autos auskennt und der kommt dann auch und ein paar Minuten später ist der Ersatzreifen gefunden und installiert.
Es ist schon spät, es ist dunkel und kalt draußen und es klingelt. Ein Mann mittleren Alters, gut gekleidet steht vor mir. Er zittert am ganzen Körper, seine Sätze kommen nur stoßweise hervor. Ich bitte ihn rein, aber er will nicht; hier auf der Schwelle ist sein Ort, er weiß nicht weiter. Also hole ich Decken und mache Tee und wir setzen uns auf die Stufen vorm Pfarrhaus und reden. Und irgendwann geht es weiter.
Wozu braucht man ein Pfarrhaus? Weil es gut ist, dass es einen Ort gibt, eine Tür, wo man anklopfen kann und es wird einem geöffnet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14476
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