SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Warum das Licht unter den Scheffel stellen? Die Epiphaniaszeit macht uns Mut, das göttliche Licht durch uns strahlen zu lassen.
„Wo hängst du als Stern an deinem Weihnachtsbaum?" wurde ich als frischgebackene Vikarin bei einer Fortbildung gefragt. Und spontan, mit dem ganzen Überschwang meiner jungen Jahre, antwortete ich: „Ich bin ein Stern ganz oben an der Spitze". Da gings natürlich rund, denn das gehört sich ja nicht bei Kirchens, sich so ungeniert ganz oben auf Weihnachtsbäume zu setzen, auch wenn´s nur in der Phantasie geschieht. Hätte ich geantwortet: „Ich bin ein ganz kleines, unscheinbares Sternchen hinten am letzten Ast", ja, dann hätte mich jeder freundlich aufgebaut. Aber so, oben an der Spitze, das kam gar nicht gut an. „An der Spitze bist du ein ganz einsamer Stern", sagte strafend der Leiter der Veranstaltung und wiegte bedenklich sein Haupt.
In habe noch oft an diese Frage gedacht: Wo ist dein Platz am Weihnachtsbaum? Es hat Tage gegeben, an denen bin ich mir tatsächlich wie ein funzeliges Sternchen am letzten Ast vorgekommen. Dann wieder habe ich trotzig gedacht: warum nicht oben funkeln, so ganz frei und strahlend? Wer sagt eigentlich, dass der Stern oben einsamer ist als die anderen Sterne am Baum? Wir sind doch als Christenmenschen alle aufgerufen, strahlend zu sein!
Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, heißt es in der Bibel. Eine heilsame Gnade ist erschienen: Da kann doch kein Leben mehr ganz dunkel sein! Da gibt es doch in jedem Leben etwas, das leuchten darf. Ein ganz persönliches Charisma, eine außergewöhnliche Begabung. Vielleicht ein Lächeln, dem man einfach nicht widerstehen kann, neulich habe ich einen kleinen Jungen kennengelernt, der hatte so ein Lächeln drauf. Wir Menschen sind wie lebendige Spiegel der heilsamen Zuwendung Gottes. Das funzelt nicht, das strahlt, hell - und wohltuend. Mit gutem Grund folgt auf die Weihnachtstage im Kirchenjahr die Epiphaniaszeit, Gott ist erschienen. Weihnachten hört nicht am 31.12. auf, es leuchtet weiter. Für alle Menschen.
Es gibt so viel Tage, an denen ich gar keine Lust habe, mein Licht leuchten zu lassen, Tage, an denen es zappenduster ist, auch in mir. Die Epiphaniaszeit erinnert mich daran: Es gibt Zeiten, in denen ist Strahlen angesagt, Zeiten, in denen die Dunkelheit unterbrochen wird, um uns zu erinnern: Himmel und Erde sind sich begegnet, im Kind in der Krippe, da soll kein Leben mehr ganz dunkel sein. Zwischen dem, was in Bethlehem geschehen ist, und dem, was auf uns zukommt, spannen wir uns aus wie eine strahlende Kette aus lauter Sternen. Jeder darf da leuchten, aus allen Poren, mit ganzer Kraft, und wenn er oder sie will auch ganz oben auf der Spitze. Dort ist für viele Sterne Platz! Wann, wenn nicht jetzt, sind wir alle aufgerufen, so strahlend zu sein, strahlend vor Freude, strahlend vor Glück - und zwar spitzenmäßig strahlend!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14448
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