SWR2 Wort zum Tag

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Über das, was Christen glauben, was sie sind und tun, wird viel und tiefsinnig geredet. Dabei kann aus dem Blick geraten, was Kern und Mitte dieses Glaubens ist. Immer gibt es allerdings Menschen, die den Mut haben, sich darauf zu konzentrieren, und die einen gerade dadurch, wie einfach sie das tun, nachdenklich machen.

Ein Meister der klaren Einfachheit ist der Kirchenvater Gregor von Nazianz, der im 4. Jahrhundert in Kleinasien lebte. Ihn treibt die soziale Ungleichheit der Menschen seiner Zeit um, und er beschreibt sie immer wieder. Zugleich beschäftigt ihn, wie Gott den Menschen ursprünglich gemeint hat, und er muss auch hiervon sprechen: dass von Gott aus alle Menschen gleich sind und dass den jetzt Benachteiligten ein glücklicheres Leben zusteht.

In seiner Predigt über die Liebe zu den Armen geht Gregor von einem Wort Jesu aus. Jesus sagt über Gott: „Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Mt 5,45) Eben hierin erkennt Gregor von Nazianz den ersten und höchsten Grundsatz Gottes, um der Ungleichheit zu wehren. Er schreibt: „Die Menschen suchen Gold und Silber, immer teurere Insignien der Macht. Gleichzeitig zucken sie verständnislos mit den Achseln und kennen für ihre Mitmenschen in der Not keine Gnade. Sie machen sich nicht klar, dass Gegensätze wie Armut und Reichtum, Freiheit und Knechtschaft wie eine Krankheit über uns gekommen sind."

„Beachte die ursprüngliche Gleichheit" - fährt Gregor fort - „nicht die spätere Ungleichheit der Menschen. Wenn du gesund bist und mehr hast als du brauchst, so gib den Armen und Kranken. Wenn du frohen und heiteren Gemütes sein darfst, so hilf den Trauernden und Betrübten; wenn du im Glück bist, tröste jene, die mit Widerwärtigkeiten zu kämpfen haben. Tu das aus Dankbarkeit gegenüber Gott.

Wenn du mehr sein willst als deine Mitmenschen, dann sei es durch mehr Güte.

Zeige dich gegenüber den Menschen in Not, wie Gott sich ihrer erweist; ahme ihn nach in seiner Huld und Güte."

Ungleichheit in der Welt erschüttert diesen Kirchenvater Gregor in einer Weise, wie wir es oft schon gar nicht mehr empfinden. Auf der einen Seite eine furchtbar teure Scheinwelt, auf der anderen die schmerzhafte Wirklichkeit der Not - die Welt ist aus den Fugen. Gregor von Nazianz erinnert dagegen an nichts anderes als die Gleichheit aller Menschen, in der Gott sie geschaffen hat und die sein Gesetz ist. Sein Fazit: „Lass dich berühren. Beachte die ursprüngliche Gleichheit!"

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14446
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