SWR2 Wort zum Tag

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Es gibt viele Weihnachtsgeschichten. Lustige, traurige, satirische. Sie erzählen von Hirten und Engeln, Sternen und Königen, Weihnachtbäumen und Weihnachtsmännern.
Bereits in der Bibel wurde versucht, die vielfältigen Aspekte der biblischen Weihnachtsgeschichte auf den Punkt zu bringen. Das Ergebnis steht im Brief an Titus: „Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig."
In diesem Satz von der Freundlichkeit Gottes ist die ganze Geschichte enthalten: die Geburt im Stall, das Lächeln des Kindes, die freundliche Zuwendung seiner Mutter. Die kraftvolle Hoffnung der Hirten genauso wie der Mut der Weisen, die sich neue Wege suchen. Nicht zuletzt die Seligkeit all derer, die sich von diesem Geschehen immer wieder neu berühren lassen.
Ähnlich wie der Schreiber des Titusbriefes zu seiner Zeit hat der Schriftsteller Peter Handke heute auf die Frage, was das Entscheidende für ihn am Christentum sei, geantwortet: Das Christliche, das ist für mich die „die freundliche Aufmerksamkeit". Die freundliche Aufmerksamkeit! Peter Handke, der in diesen Tagen 70 Jahre alt geworden ist, hat ein ganz eigenes Verhältnis zu seinem Glauben gefunden. Für ihn ist er unverzichtbar. Aber er bedarf notwendig der sprachlichen Auslegung.
„Wenn jemand nur sagt, er sei religiös, geht mir das auf die Nerven. Wenn er nicht erzählt, was das ist", schreibt Handke einmal. „Das Erzählen ist das Entscheidende. Wenn ich die Worte der Heiligen Schrift höre, die Lesung, die Apostelbriefe, die Evangelien, die Wandlung miterlebe, die Kommunion und den Segen am Schluss, dann denke ich, dass ich an den Gottesdienst glaube. Ich weiß nicht, ob ich an Gott glaube, aber an den Gottesdienst glaube ich."
In der Feier des Gottesdienstes, so verstehe ich diesen Satz, kann ich die Freundlichkeit und Zuwendung Gottes ganz persönlich erleben.
Mit dieser Erwartung möchte ich heute aufbrechen zum Gottesdienst an Heiligabend. In der Erwartung, dass die dort erzählte Weihnachtsgeschichte auch mein Leben berührt. Dass der Klang der alten und immer wieder neuen Weihnachtslieder auch in mir etwas zum Klingen bringt.
Und ich hoffe, dass auch Sie, wo immer und wie immer sie diesen Abend und diese Nacht verbringen, das Glück haben, auf die eine oder andere Weise der Freundlichkeit Gottes zu begegnen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14438
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