SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Gottes Flucht, ich könnte sie so gut verstehen.
Eine Flucht vor allem, was geworden ist aus seiner Welt.
Seine Schöpfung, wie war sie so gut, als er sie ansah am Anfang.
Und dann kam, was nicht kommen musste,
dann kam der Tod, die Gewalt und der Schmerz.
Ich könnte es gut verstehen, wenn Gott davor flieht.
Flieht vor den Schicksalen der Menschen,
die diese Weihnachtstage kaum ertragen,
weil alle von Liebe reden und sich zuhause fühlen wollen
und es doch nicht sind.
Ich kenne eine Frau, seit Jahren wird sie geprügelt von ihrem Mann.
Die Lichter an Weihnachten leuchten ihr nicht
und der Stern zieht an ihr vorüber.
Ich denke an den Mann, der immer träumt von seiner Schuld
in anderen Leben,
er vermutet, er sei ein Söldner gewesen, habe gebrandschatzt,
Frauen und Kinder ermordet.
Anders kann er sich nicht erklären,
dass sein Leben jetzt wie eine einzige Strafe erscheint.
Flieht Gott vor diesen Leuten?
Oder flieht er vor uns,
wenn wir ihm die Schuld für das Leid dieser Welt zurechnen wollen?
Die Bibel meint:
Gott flieht nicht, flieht nicht vor dem Leid dieser Welt.
Und wenn er flieht, dann ist es eine Flucht nach vorne
mitten hinein in dieses Leid.
Gott sucht den Schmerz und die Tränen
Und so schafft er denen Zuflucht,
die auf der Flucht sind vor ihrem Leben.
Gottes Flucht geschieht in der Geburt des Kindes,
von der die Weihnachtsgeschichte der Bibel erzählt:
da reißt der Himmel auf und die Engel singen in der Mitte der Nacht.
Wie ein sanfter Mantel umhüllt der geöffnete Himmel die Erde
und birgt in sich alle Dunkelheit und allen Schmerz.
Und durch alles Dunkel hindurch
sucht Gott seinen Weg auch zu denen,
die nichts mehr suchen und hoffen.

 

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