Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Grau und unscheinbar sieht der Stein aus, der bei einem Freund auf dem Schreibtisch liegt. Was der da bloß soll? Mein Freund schmunzelt: „Schau ihn Dir doch einmal genauer an". Als ich ihn in die Hand nehme, zerfällt er in zwei Hälften und ich bin fasziniert: Da strahlen und leuchten tiefrote Kristalle auf - wer hätte das gedacht.
„Mich erinnert dieser Stein an eine Geschichte aus der Bibel", erklärt mir mein Freund. „Samuel, ein Prophet Gottes, soll einen König salben. Er soll aus der Familie Isai stammen, die in Bethlehem lebt. Samuel macht sich auf den Weg. Bald ist er bei Isai angekommen und Isai stellt ihm seine Söhne vor. Samuels Blick fällt sofort auf den ältesten Sohn, ein stattlicher Mann - den kann er sich gut als König vorstellen. Doch da hört er Gott reden: Lass Dich nicht von seinem Äußeren täuschen, er wäre kein guter König.
Nach und nach treten auch all die anderen vor Samuel hin, doch keinen erwählt Gott. Schließlich ist nur noch einer übrig, der Jüngste, der, der die Schafe hütet. Isai lässt ihn holen. Und tatsächlich, er ist es, den Gott auserwählt hat. Und warum: ‚Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an'.
„Mir geht es oft so wie Samuel. Ich schaue erst mal nur auf das Äußere eines Menschen," fährt mein Freund fort. „Und dabei habe ich mich so manches Mal schon ziemlich getäuscht. Wie oft habe ich den wahren Schatz eines Menschen erst entdeckt, wenn ich ihn näher kennen gelernt habe." Deshalb also liegt dieser graue Stein bei meinem Freund auf dem Schreibtisch. Er erinnert ihn daran, ein bisschen vorsichtig umzugehen mit dem ersten Augenschein.
Die Geschichte tröstet mich aber auch. Sie sagt mir: Gott begnügt sich nicht mit dem äußeren Augenschein. Er sieht den ganzen Menschen: mit seiner äußeren Erscheinung und den inneren Werten. Gott will auch Ihnen und mir ins Herz schauen und vielleicht entdeckt er dabei viel mehr Schätze in uns, als wir ahnen.

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