SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Vor 13 Jahren noch Wüste, jetzt schon  eine einladende Oase: Dattelpalmen, Gemüsefelder, Olivenhaine. Dazwischen  ein gastliches Haus mit vielen Räumen  zum Gespräch. Und vor allem der Kirchenraum,  schlicht und sammelnd,  ein  Baum des Lebens als Altarmitte und drum herum  die Sitzplätze,erdbodennah und für alle auf gleicher Augenhöhe.  Gerade aus Ägypten zurück, muss ich von dieser Begegnung gleich weiter berichten.  Denn hier  habe ich tiefer begriffen, was Advent heisst. „Nach vorne schauen", sagt  überzeugend der koptische Bischof.
Der kleine zartgebaute Mann mit den strahlenden Augen meint , was er sagt, und seine Mitarbeiterinnen auch. Und so ist zwischen  Kairo  und Alexandrien, nahe den uralten Wüstenklöstern im Wadi Natroun,   ein spirituelles Zentrum entstanden, das ein koptisches Taize werden könnte. Jeden Morgen treffen sie sich  auf der Agora, tauschen Tagespläne aus und klären Konflikte. Transparenz und  Vertrauen sind entscheidend. Die Gesellschaft  insgesamt müsse demokratischer werden, meint Bischof Thomas. Auch die Kirche. Entscheidend sei charity, also Grundversorgung für alle. Aber das reicht nicht, unterstreicht der sprühende Mönch strahlend. Empowerment brauche es, Selbstermächtigung vor allem für Frauen  und Kinder., denn die seien strukturell die ärmsten. Gezielt wird auch den Männern geholfen, aus ihrem  patriarchalem Verhalten herauszufinden. Aber auch das genügt nicht, sagt der überzeugende Christenmensch. Soziale Gerechtigkeit für alle sei noch wichtiger. Aber auch das genüge nicht.Nur von oben herab zu helfen, sei  nämlich relativ leicht, aber auch hochnäsig und demütigend. Nein: von denen da unten sich selbst belehren und beschenken zu lassen, sei das Entscheidende, sie hoch bringen und würdigen, sei das Allerwichtigste.
Programmatisch heißt die spirituelle Oase  deshalb: Anaphora. Wörtlich übersetzt bedeutet das: hochheben,  in die Höhe und zur Geltung bringen- so wie Erwachsene hinknien, um mit den Kindern auf gleicher Auge zu sprechen und sie  würdigen. Anaphora heißt auch: die Darbringung der eucharistischen Gaben, Abendmahl  feiern -  aber mit   Fußwaschung konkret.  „Aus Gestein und Wüstensand / werden frische Wasser fließen./ Quellen tränken dürres Land,/ überreich die Saaten sprießen."  Diese adventliche Vision wird in der Anaphora  wahr. Und wo wäre solche Umwandlung von  Dürre in Fruchtland nicht nötig und sinnvoll? Also einen  gesegneten Advent!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14384
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