SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Für manche Menschen sind die Weihnachtstage die schwersten im Jahr. Sie haben regelrecht Angst vor dem Fest. Vor allem weil schrecklich hohe Erwartungen das Fest belasten. An Weihnachten muss alles stimmen, das Essen, die Geschenke und vor allem die Harmonie in der Familie. Emotionale Überforderung und Enttäuschung sind die Folgen. Gerade an Weihnachten gibt es Streit und Menschen brechen zusammen, weil der Druck, perfekt sein zu müssen, am höchsten ist.
Vielleicht hilft es, sich an das erste Weihnachtsfest zu erinnern. In der Weihnachts­geschichte steht über Maria und Josef: „Sie hatten keinen Raum in der Herberge." Statt in einem warmen Kinderbett hat Jesus die ersten Lebenstage in einem kalten Stall in einer harten Futterkrippe verbracht.
Gott ist in eine nicht perfekte Welt gekommen. Er hat sich der Not ausgesetzt, wie sie Menschen heute noch überall in der Welt erleben müssen.
Als Jesus dann erwachsen geworden war, wandte er sich gerade den Menschen zu, die überfordert waren durch den Druck, es allen recht machen zu müssen. Diesen Menschen hat er gesagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr müde seid und erschöpft von übermäßiger Last, die ihr leidet unter der Angst, es Gott und den Menschen nicht recht zu machen. Aufatmen sollt ihr in meiner Nähe und frei sein."
Könnte das nicht für uns heute heißen: Auch ein nicht perfektes Weihnachten kann schön sein. Ein Weihnachtsbaum darf schief sein und die Bratensoße anbrennen. Der Heiland ist geboren, der Retter. Große Freude ist uns versprochen. Das Kind ohne Herberge erinnert uns daran. Und Sie und ich, wir sollten dem nicht entgegenstehen mit unseren hohen Erwartungen an uns selbst.
Ich wünsche uns, dass wir Gott in unserer nicht perfekten Welt an Weihnachten wieder neu für uns entdecken, und dass die Freude darüber größer ist als alles, was uns belastet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14383
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