Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Groß steht er vor mir, tüchtig in seinem Beruf und fleißig. Seine Ansichten vom Leben sind bodenständig und grundehrlich. Ich bin beeindruckt von diesem Menschen und sehr gerührt. Denn früher als Jugendlicher hat er regelmäßig alle zur Verzweiflung gebracht, die ihn erziehen und die ihm was beibringen wollten.
Damals war es schwierig mit ihm. Er hatte so viel Unsinn im Kopf. Ermahnungen waren für die Katz. Strafen nutzten nichts. Und wenn sein Name fiel, verdrehten alle die Augen. Schon wieder der….hieß es dann…er schien ein hoffnungsloser Fall zu sein. Dennoch haben sich alle weiter um ihn bemüht, auch wenn es noch so aussichtslos schien.
„Was soll aus dir nur werden“…… hat er oft gehört. Und leise lief der Gedanke mit: Aus dem wird nie was.

Aber „aus dem“ ist was geworden. Und wie! Allen Befürchtungen zum Trotz hat er es wirklich geschafft, sein Leben in die Hand zu nehmen. Ausbildung, Beruf, Meisterprüfung, Familie…ein angenehmer Mensch ist er geworden. Und das habe ich ihm gesagt, dass er stolz sein darf auf sich selbst. Was er geschafft hat, ist einfach super.
„Siehst du, Mama“, sagt meine Tochter, als ich ihr bewegt davon erzähle. „Man sollte einen Menschen nie zu früh aufgeben!“ Wie recht sie hat! Während ihrer Pubertät haben wir doch auch oft die Augen verdreht und uns gefragt, was aus all den Kämpfen noch mal werden soll? Und wie oft waren alle Ermahnungen und Gespräche und Streitereien scheinbar für die Katz.

Aber: All die Kämpfe und Streitereien waren wohl nötig. So war es bei dem jungen Mann damals, so ist es bei allen jungen Menschen. Für beide Seiten. Erzieher und Eltern müssen lernen, den jungen Menschen ihren Freiraum zu geben. Jugendliche müssen lernen, dass Leben auch Pflicht und Mühe heißt. Das Wichtigste aber ist, dass ein Mensch nie zu früh aufgegeben wird. Jeder junge Mensch hat es verdient, eine, zwei, viele Chancen zu bekommen. Und dass sich Ausbilder und Lehrer mit ihm Mühe geben. Vor allem dann, wenn die Ausgangsbedingungen nicht allzu gut waren. Und vor allem sollte man immer hoffen: aus dem (oder der) wird doch noch was!

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