SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Es war ergreifend, am zweiten Adventssonntag nachmittags
in Merzig an der Saar.
Da hatte der Verein „Trauernde Eltern und Kinder im Saarland" eingeladen;
zu einer Gedenkstunde für alle verstorbenen Kinder.
Anderswo in  Deutschland und auch weltweit
gab es ähnliche Treffen;
und rund um die Welt haben abends um sieben Uhr
verwaiste Eltern eine Kerze für ihr Kind ins Fenster gestellt
- eine Lichterkette, die um die Erde läuft.

Compassionate friends nennen sie sich in Amerika -
aber ich glaube, Freunde ist das falsche Wort für uns verwaiste Eltern,
also Mütter und Väter, denen ein Kind gestorben ist.
Wir sind Geschwister, Schwestern und Brüder -
und das ist einerseits weniger,
andererseits aber eben doch mehr als „nur Freunde".

Freunde sucht man sich ja aus; ob ich mit jemandem befreundet bin,
das ist eine Entscheidung: Seine oder ihre Entscheidung und meine.
Sogar bei Facebook werde ich gefragt,
ob ich jemand als Freund oder Freundin akzeptiere - was immer das da heißt.

Dass unser Sohn gestorben ist, mit gerade mal gut zwanzig Jahren,
das haben wir uns keineswegs ausgesucht.
Und ungefragt haben auch die anderen Eltern ein Kind an den Tod verloren.
Das ist wie bei Geschwistern: Die sind einfach da
oder kommen einfach an - ganz unabhängig, ob du dich für sie entscheidest.

Weltweit sind verwaiste Eltern miteinander verbunden.
Die, die sich ausdrücklich zusammenschließen,
in Vereinen oder Selbsthilfegruppen - und die anderen auch:
Schwestern und Brüder sind wir, teilen das gleiche Schicksal,
sind der gleichen Zumutung ausgesetzt.
Die Kinder bleiben ganz weit weg, trotzdem.
Aber das zu ertragen: Das wird ein bisschen leichter,
wenn wir uns als Mitglieder einer Familie wissen -
und wenn wir, wie da am zweiten Adventssonntag, zusammen sein können,
ausgerechnet ein paar Tage oder Wochen vor Weihnachten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14361
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