SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Von Beileidsbezeigungen am Grabe bitten wir Abstand zu nehmen." So liest man immer wieder in Todesanzeigen. Was mag dahinter stecken, wenn Trauernde diese Distanz haben wollen? Vielleicht möchten sie einfach für sich sein in ihrem Schmerz. Oder sie wollen sich schützen vor Trost von Menschen die sie nicht kennen. Denn „Trost und Ratschläge", hat mal ein Soziologe gesagt „ sind oft die Abwehr eines nicht Betroffenen gegen das Leid eines Betroffenen." Das ist schon hart formuliert, aber es ist was Wahres dran. Zu schneller Trost oder gut gemeinte Ratschläge können ein Schutzmechanismus sein, um sich nicht wirklich auf das Leid der Menschen einzulassen. Denn Trost, wirklicher Trost, ist so schwierig wie anstrengend. Und eine Frage von Nähe und Behutsamkeit. (Jemanden trösten heißt nicht, ihm auf die Schulter klopfen und ein „na wird schon wieder" ablassen.) Wirklicher Trost nimmt Anteil, das heißt, begibt sich ein Stück weit in die Sphäre des Leids hinein. Aber, und das ist die Kunst, eben nur ein Stück weit, denn Trauer, Traurigkeit und Leid können auch anstecken. Und dann ist niemandem geholfen. Jemanden trösten heißt, das Leid, die Trauer wahrnehmen, sie zulassen und mitgehen. Dem Trauernden, dem Leidenden zeigen, ihn spüren lassen, dass man da ist. Denn es ist leider oft so, dass schwer Kranke oder Trauernde plötzlich auch noch allein sind. Bekannte und manchmal sogar Freunde  ziehen sich von ihnen zurück, weil sie unsicher gegenüber der veränderten Situation sind, oder weil sie Angst vor der Begegnung mit Leid und Tod haben. Dabei ist Trost doch etwas so Wichtiges und auch Schönes. Das zeigt schon die Herkunft des Wortes Trost. Es ist verwandt mit dem altgermanischen Wort für Baum und bedeutet Festigkeit und Treue. Und jemandem Trost spenden heißt, ihm meine Treue und Festigkeit anbieten. Damit er sich daran anlehnen kann und sich ausruhen, wie unter einem schönen großen Baum.

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