SWR2 Wort zum Tag

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Ein letztes Mal schreibt er an seine Söhne: Helmuth James von Moltke, zentrale Figur der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis. Er wurde hingerichtet am 23.Januar 1945. Aus dem Gefängnis schreibt er den Söhnen von sich, von seinen politischen Überzeugungen. Warum er den Nationalsozialismus bekämpft und dass er Gewalt in diesem Kampf ablehnt. Er spricht von seiner Hoffnung über den Tod hinaus. Und er legt den Söhnen die eigene Familie ans Herz, vor allem Freya, ihre Mutter.
Lieber Caspar, lieber Konrad, Da ich in wenigen Tagen wahrscheinlich nicht mehr leben werde, und da ich euch deshalb in eurem Leben nicht mehr werde beistehen und helfen können, so will ich, solange ich noch Zeit habe, euch wenigstens einen Brief schreiben....Mit dem wichtigsten will ich anfangen. Habt euch und (Eure Mutter) Reyali immer und ganz unverrückbar lieb... ich bitte Euch, ihr soviel an Liebe zu erzeigen, dass sie nicht so sehr fühlt, dass ich nicht mehr da bin. Ihr müsst sie für mich mit lieb haben.
In Eurem Leben kann ich Euch nun nicht helfen und beistehen, wie ich es gerne getan hätte. Ich kann Euch auch keine allgemeinen Ratschläge geben, denn jeder muss für sich lernen und erfahren. Man lernt immer, und ich habe viele der für mich wichtigsten Dinge in den Monaten gelernt, während derer ich eingesperrt war. Euch kann ich davon nichts übertragen: seht zu, ob Ihr dasselbe lernt und erfahrt. Ich will euch nur sagen, dass ich in der Gewissheit sterbe, dass ich durch Jesum Christum zu Gott eingehen werde und dass in Seiner Liebe wir vier, (Eure Mutter) Reyali, Ihr beide und ich, immer vereint sein werden; niemand kann wissen, wie, und deswegen kann man danach auch nicht fragen. Ich sage es auch nicht, damit Ihr das glauben sollt: so etwas kann einem nicht von einem andern gesagt werden, entweder man weiß es oder man weiß es nicht; es ist eine Gnade, es zu wissen. Ich sage es Euch, damit Ihr wenigstens einen wichtigen Bestandteil von mir kennt, und vor allem, damit Ihr vor diesem Glauben, auch wenn Ihr ihn nicht teilt, Ehrfurcht habt." [1]James Graf von Moltke an seine kleinen Söhne im Oktober 1944.   

[1] Helmuth James und Freya von Moltke, Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel. September 1944-Januar 1945. München 2011, 63f

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