SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Solche Gespräche sind schwierig: wenn einer sagt: mit mir geht es bald zu Ende. Dann sind die andern oft verlegen. Oder sie widersprechen. Oder sie verstehen nicht, wie die Jünger Jesu. Das Markusevangelium erzählt, wie Jesus seine Jünger beiseite nimmt und über seinen Tod redet. Dass man ihn umbringen wird und dass er nach drei Tagen wieder auferstehen wird. Jesus war es offenbar ein Bedürfnis, mit den Jüngern über seinen bevorstehenden Tod zu reden. Nicht einsam zu sein mit seinen Ahnungen. Er sucht extra eine Situation, wo sonst niemand dabei ist, wo sie in Ruhe reden können. Mit denen, die ihm am nächsten sind, will er teilen, was ihn bewegt. Es geht ihm um sich und um die Jünger. Er will sie vorbereiten auf das, was kommt. Die Jünger sollen auch wissen, dass er bewusst darauf zugeht.
Schlimme Ahnungen teilen ist nicht leicht - jeder will den andern schonen. Und das kostet oft soviel Kraft, etwas für sich zu behalten, sich Sorgen nicht anmerken zu lassen. Vor dem andern die Fassade aufrechtzuerhalten: es geht mir gut, es ist nicht so schlimm, alles im grünen Bereich.
Für die Jünger war es eine Auszeichnung. Jesus zieht sie ins Vertrauen. Aber sie verstehen ihn nicht und haben auch nicht den Mut, ihn zu fragen. Dabei hatte Jesus ja nicht nur Schlimmes gesagt, nicht nur von seinem Tod gesprochen. Sondern von seiner Zuversicht über den Tod hinaus. Dass er nach drei Tagen auferstehen wird. Sie gehen auch bei uns oft schief, die Gespräche über Ängste und die Gespräche über Hoffnungen. Was fürchtest Du, was hoffst Du? Wie geht es Dir, wenn Du an den Tod denkst? Wo ist für Dich das Licht im Dunklen?
Wenn wir darüber miteinander reden können, können wir auch die Kräfte teilen, die jeder Mensch in sich trägt. Die Kräfte zum Leben, zum Sterben, zum Hoffen. Ich habe immer noch vor Augen, wie ich einen alten sterbenskranken Lehrer besucht habe, der mir in aller Ruhe gesagt hat: und jetzt warte ich, dass Gott ruft. Ich weiß sehr wohl, dass Sterben auch ganz anders aussehen kann. Und gleichzeitig ist diese Begegnung, sind diese Worte für mich bis heute ein ganz großes Geschenk.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14176
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